Riskante Behandlung mit Chrom

XFM-Analyse zeigt Chrom in Körperzellen (c) Wiley-VCH

Das Spurenelement Chrom gilt als hilfreich, um den Blutzuckerspiegel zu senken, weshalb es insbesondere in der orthomedizinischen Praxis als Nahrungsergänzungsmittel empfohlen wird.

Wie nun australische und amerikanische Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie schreiben, oxidieren die Körperzellen jedoch das zugegebene Chrom teilweise in Chrom höherer Oxidationsstufen, in denen es nachgewiesenermaßen krebserregend und erbgutschädigend ist. Nach diesen Befunden sollte der mögliche Nutzen von Therapien mit Chrom noch stärker in Frage gestellt werden.

Präparate, die Chrom in der Oxidationsstufe III enthalten, können die Wirkung von Insulin und oralen Antidiabetika bei Diabeteserkrankungen verstärken. Daher wurde vorgeschlagen, täglich Chrom zu sich zu nehmen, um den Blutzuckerspiegel zu senken.

In höheren Oxidationsstufen kann Chrom jedoch nachweislich die DNA schädigen. Chrom(V) und Chrom(VI)- Verbindungen werden daher als stark krebserregend eingestuft. Ob die Zellen selbst das Chrom(III) oxidieren können, dieser Frage gehen Forscher an der Universität von Sydney um Peter A. Lay nach.

Durch Röntgenfluoreszenzmikroskopie (XFM) und Röntgen-Nahkanten-Absorptionsspektroskopie (µ-XANES) am Australian Synchrotron und an der Advanced Photon Source im U.S. Department of Energy Office of Science versuchen sie, in das Schicksal der Chrom(III)-Präparate nach der Aufnahme in Adipozyten einen besseren Einblick zu erhalten.

Die XFM-Analyse zeigte den Forschern, dass das Chrom in kleinen Bereichen, sogenannten „Hotspots“, in der Zelle vorhanden war. Die µ-XANES-Spektren bewiesen, dass die Hotspots nicht nur aus Chrom(III) bestanden. „Dieser Befund bestätigt, dass hier eindeutig höhere Oxidationsstufen von Chrom vorliegen müssen,“ sagen die Wissenschaftler. Durch Modellrechnungen identifizierten sie dann Chrom(V)- und Chrom(VI)-Verbindungen in den Hotspots.

Warum die Chrom(III)-Präparate in der Zelle oxidiert werden könnnen, erklären die Autoren dadurch, dass insbesondere während der insulinbedingten Signalkaskaden der Zelle starke Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid gebildet würden. Diese könnten die Oxidation von Chrom(III) zu den reaktiven Chrom(V)- und Chrom(VI)-Verbindungen auslösen.

„Das löst Bedenken darüber aus, inwiefern Chrom(III)-Verbindungen krebserregend sein können und welche Risiken eine längere Einnahme von Chrom(III)-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln bergen“, sagen die Autoren. Obwohl es eine solche Sorge schon länger gibt, empfehlen insbesondere orthomedizinisch tätige Heilpraktiker immer noch Chrompräparate. Daher der dringende Rat der Autoren für die Zukunft: „In Anbetracht dieser Befunde sind epidemiologische Studien notwendig, um klarzustellen, ob Chrom(III)-haltige Nahrungsergänzungsmittel nicht das Krebsrisiko erhöhen können.“

Angewandte Chemie: Presseinfo 49/2015

Autor: Peter A. Lay, The University of Sydney (Australia), http://sydney.edu.au/science/people/peter.lay.php

Permalink to the original article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201509065

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

http://presse.angewandte.de

Media Contact

Dr. Renate Hoer Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

Weitere Informationen:

http://www.gdch.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer