Riesige Vögel mit knöchernen "Zähnen" über Südengland

Künstlerische Rekonstruktion des riesigen \"Pseudozahn-Vogels\" <br>Copyright: Ludger Bollen, \"Der Flug des Archaeopteryx\", Quelle+Meyer Vlg.

Die entfernten Verwandten der heutigen Enten und Gänse waren Hochseeflieger und mit einem für Vögel absonderlich erscheinenden Merkmal ausgestattet: ihre Schnäbel waren mit einer Art knöcherner „Zähne“ versehen.

Entdeckt wurde der bisher besterhaltene Schädel der ausgestorbenen Gattung Dasornis auf der Isle of Sheppey, etwa 40 Kilometer östlich von London. Das Vorkommen der mit knöchernen Pseudo-Zähnen ausgestatteten Vögel in den Fossillagerstätten des London Clay ist schon länger bekannt. Jedoch zeigt das am 26. September 2008 im englischen Journal „Paleontology“ beschriebene Fossil aus Südostengland neue anatomische Details.

Mit ihrer enormen Flügelspannweite ähnelten die seltsam anmutenden Kreaturen den uns bekannten Albatrossen, die die größte Flügelspannweite heute lebender Vögel haben. Trotz der Ähnlichkeit in der Lebensweise und obwohl die ausgebreiteten Flügel von Dasornis anderthalb Meter mehr gemessen haben, als die des größten heutigen Albatrosses, zeigt sich, dass Dasornis und seine fossile Verwandtschaft entfernte Vorfahren unserer heutigen Enten und Gänse sind.

„Stellen Sie sich eine seegelnde Riesengans vor, die fast die Größe eines kleinen Flugzeugs hat. Verglichen mit Vögeln, die wir heute kennen, waren das ziemlich bizarre Tiere. Das Außergewöhnliche an ihnen ist aber, dass sie entlang der Schneidekante ihrer Schnäbel scharfe, Zahn-ähnliche Knochenvorsprünge hatten“, erklärt Dr. Gerald Mayr vom Forschungsinstitut Senckenberg. „Wie alle heute lebenden Vögel hatte auch Dasornis einen Schnabel aus Keratin, das ist die gleiche Substanz, die sich in unseren Haaren und Fingernägeln findet. Aber Dasornis hatte zusätzlich diese knöchernen Pseudo-Zähne. Heute lebende Vögel haben keine echten Zähne, die aus Dentin und Zahnschmelz bestehen, da ihre entfernten Vorfahren sie vor mehr als 100 Millionen Jahren verloren haben. Vermutlich um Gewicht zu sparen und so das Fliegen zu erleichtern. Die mit solchen knöchernen Pseudo-Zähnen ausgestatteten Vögel, wie Dasornis, bilden eine Ausnahme. Durch die Entwicklung dieser knöchernen Fortsätze haben sie die zahnähnlichen Strukturen quasi wieder neu erfunden.“ Die Frage ist, warum Dasornis diese Pseudo-Zähne hatte. „Das hat mit der Ernährung zu tun“, sagt Gerald Mayr, „sehr wahrscheinlich haben diese Vögel im Flug Fische und Kalmare von der Meeresoberfläche abgefischt. Mit einem gewöhnlichen Schnabel wäre es schwierig gewesen, die Beute zu halten. Die „Zähne“ haben verhindert, dass der Fang wegrutscht.“

Ergänzende Hinweise:

1. Dr. Gerald Mayr ist Leiter der Sektion Paläoornithologie am Forschungsinstitut und Naturmuseum, Frankfurt am Main.

2. Die wissenschaftliche Publikation von Gerald Mayr, „A skull of the giant bony-toothed bird Dasornis (Aves: Pelagornithidae) from the Lower Eocene of the Isle of Sheppey“ wird im englischen Journal „Palaeontology“, Ausgabe 26. September, veröffentlicht.

Auf Anfrage erhältlich über die Senckenberg Pressestelle, Doris von Eiff

3. Das Bildmaterial in höherer Auflösung wird auf Wunsch per zugesandt.
Ansprechpartner: Senckenberg Pressestelle, Doris von Eiff
4. Das beschriebene Fossil gehört zur Sammlung des Naturkundemuseums Karlsruhe.
5. Palaeontology wird herausgegeben von der Palaeontological Association, einem eingetragenen Verband, der wissenschaftliche Studien zu Fossilien fördert. Die Paleontological Association ist eine der weltweit führenden Gesellschaften auf dem Sektor. Weitere Informationen über die Palaeontological Association, Aktivitäten und paläontologische Veröffentlichungen gibt Mark Purnell, publicity@palass.org.
Die wissenschaftliche Publikation wurde eingereicht von:
Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg
Senckenberganlage 25, 60325 Frankfurt am Main, Germany
Kontakt Wissenschaft: Dr. Gerald Mayr
Email: gerald.mayr@senckenberg.de
Tel: +49 69 7542 1348
Kontakt Pressestelle: Doris von Eiff
Email: doris.voneiff@senckenberg.de
Tel: +49 69 7542 1257
mobil: 0173 54 50 196
Weitere Informationen:
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