PTB entwickelt mit internationalen Partnern Echtzeit-Überwachung von luftgetragenen Chemikalien bei der Halbleiterfertigung

In Reinräumen wie diesem soll künftig die Luftqualität in Echtzeit überwacht werden, damit empfindliche Produktionsprozesse nicht von luftgetragenen Chemikalien gestört werden. (Foto: PTB)<br>

Extreme Reinheit ist eine Grundvoraussetzung bei der Produktion von Halbleitern. Damit die Herstellung der winzigen Komponenten nicht durch Partikel in der Luft gestört wird, findet sie in speziellen Reinräumen statt.

Durch verbesserte Technologien konnte das Problem störender Staubpartikel in den letzten Jahren bereits stark reduziert werden. Doch bei den stetig kleiner werdenden Abmessungen der Bauteile in der Halbleiterindustrie wird auch die luftgetragene Kontaminierung von Reinräumen durch chemische Substanzen, die sogenannte Airborne Molecular Contamination (AMC), zur ernsthaften Herausforderung. So können bereits kleinste Molekülkonzentrationen Schäden verursachen.

Ein europäisches Projekt unter Beteiligung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) soll nun neue laserbasierte Methoden zur Messung dieser AMC untersuchen. In einer vorbereitenden Studie wurden zunächst die wichtigsten zu messenden Substanzen identifiziert.

Sie sind in Möbeln enthalten und treten aus manchen Fußbodenbelägen aus, und sie stören empfindliche Produktionsprozesse in der Halbleiterfertigung: luftgetragene Schadstoffe wie z.B. Ammoniak und Formaldehyd. In einer Studie im Rahmen eines neuen Forschungsprojekts zur Überwachung der Luftgüte in Reinräumen konnten diese beiden Substanzen als wichtige Schadstoffe bei der Herstellung von Halbleiter-Mikrostrukturen ausgemacht werden, die im Fokus des Projekts stehen sollen. „Ammoniak bleibt überall haften und kann so leicht von außen in den Reinraum getragen werden“, erklärt Anne Rausch von der PTB. „Außerdem entsteht es manchmal auch durch die Produktionsprozesse im Reinraum selbst.“

Ziel des jetzt gestarteten europäischen Kooperationsprojekts ist es, Methoden zu entwickeln, die die Echtzeit-Überwachung der Konzentration solcher Stoffe in der Luft von Reinräumen ermöglicht. „Wenn dann ein AMC-Anstieg registriert wird, kann die Produktion angehalten werden. Die betroffenen Komponenten können kontrolliert und notfalls entsorgt werden“, sagt Rausch.

Dabei strebt das Projekt Echtzeitmessungen bei einer Nachweisgrenze im Bereich von wenigen AMC-Teilchen in einer Milliarde Gesamtteilchen (ppb) an. Zu diesem Zweck sollen zunächst bestehende Methoden der Laser-Spektroskopie hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit für AMC-Messungen verglichen und anschließend für die AMC-Überwachung optimiert werden. Anne Rausch und ihr Team untersuchen in der PTB die photoakustische Spektroskopie und die Cavity-Ring-Down-Spektroskopie. Europäische Partnerinstitute prüfen andere Messmethoden auf ihre Tauglichkeit.

Ein weiteres Ziel des Projekts ist die Herstellung von Referenzproben. Dabei handelt es sich um genau gemessene AMC-Konzentrationen, die zur Kalibrierung von Messgeräten verwendet werden können.

jok/ptb

„MetAMC – Metrology for airborne molecular contamination in manufacturing environments“

Das Projekt versammelt neben der PTB auch metrologische Partnerinstitute aus Finnland, der Tschechischen Republik, Italien, Großbritannien, den Niederlanden, die Universität von Turin und die Taiwanesische Firma HCP. Innerhalb des Europäischen Metrologie Forschungsprogramms EMRP wird es von der Europäischen Union mit insgesamt 2,9 Millionen Euro finanziell gefördert. Die Ergebnisse des Projekts werden europäischen Partnern in der Halbleiterindustrie unter anderem in Form von „Good Practice Guides“ für AMC-Messungen zur Verfügung gestellt. In einem Workshop am Ende des Projektes sollen die Resultate interessierten Teilnehmern vorgestellt werden. Informationen zur Anmeldung werden zu gegebener Zeit auf der Projektwebsite zur Verfügung gestellt. Kommerziell direkt verwertbare Arbeitsergebnisse werden zum Investitionsschutz der europäischen Industrie patentiert.

Weitere Informationen zum Projekt unter
http://www.ptb.de/emrp/ind63-home.html
Ansprechpartner
Dr. Anne Rausch: PTB-Arbeitsgruppe 3.22 Metrologische Molekülspektroskopie, Tel. (0531) 592-3221, E-Mail: anne.rausch@ptb.de

Dr. Olav Werhahn, PTB-Arbeitsgruppe 3.22 Metrologische Molekülspektroskopie, Tel. (0531) 592-3123, E-Mail: olav.werhahn@ptb.de

Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)

In Braunschweig und Berlin kommt die Zeit aus Atomuhren, erstrecken sich Längen bis weit hinab in die Nanowelt, forschen die Wissenschaftler an grundlegenden Fragen zu den physikalischen Einheiten und die Mitarbeiter in den Laboratorien kalibrieren Messgeräte für höchste Genauigkeitsansprüche. Damit gehört die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (an ihren Standorten Braunschweig und Berlin) zu den ersten Adressen in der internationalen Welt der Metrologie. Als das nationale Metrologieinstitut Deutschlands ist die PTB oberste Instanz bei allen Fragen des richtigen und zuverlässigen Messens. Sie ist technische Oberbehörde des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und beschäftigt an den beiden Standorten Braunschweig und Berlin insgesamt rund 1800 Mitarbeiter.

Johannes Kaufmann
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Bundesallee 100
38116 Braunschweig
Tel. 0531-592-9328
Fax 0531-592-3008
E-Mail: johannes.kaufmann@ptb.de

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