Mit Popeye-Armen zum Paarungstanz

Arme wie Popeye: Die Männchen der Sibirischen Keulenschrecke haben geschwollene Vorderbeine, die sie bei der Werbung um Partnerinnen präsentieren. Foto: Universität Bielefeld<br>

In der Tierwelt ist es nicht immer der Stärkste, der sich durchsetzt – mitunter ist es der Schönste. Ein bekanntes Beispiel ist der Pfau. Denn das Weibchen macht seine Entscheidung für einen Partner davon abhängig, wie attraktiv sein Federwerk aussieht.

Ein Forschungsteam der Universität Bielefeld unter Leitung des Evolutionsbiologen Dr. Holger Schielzeth untersucht jetzt, inwiefern ein vergleichbarer Mechanismus bei der Partnerwahl von Heuschrecken eine Rolle spielt. Die Männchen der Sibirischen Keulenschrecke (Gomphocerus sibiricus) haben geschwollene Vorderbeine.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen nun, inwiefern Heuschreckenweibchen eine Vorliebe für die Männchen mit den kräftigsten Verdickungen haben und ihre Paarungsentscheidungen davon abhängig machen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt als Teil des Emmy-Noether-Programms für fünf Jahre.

Sexuelle Ornamente nennen Zoologen hervorstechende Merkmale, die die Partnerwahl beeinflussen. Ein Beispiel dafür sind die geschwollenen Vordergliedmassen der Sibirischen Keulenschrecke. Holger Schielzeth nennte dieses Ornament in Anlehnung an den Comic-Seemann mit den muskulösen Unterarmen auch „Popeye-Arme“. „Wir vermuten, dass dieses Merkmal für die Paarungsentscheidung der Weibchen ausschlaggebend ist“, sagt er. Das Besondere an solchen Ornamenten ist, dass der Fortpflanzungserfolg nicht unbedingt mit der Anpassung an die Umwelt zu tun hat. Auf den ersten Blick scheint es sich bei solchen Ornamenten also um einen Selbstzweck zu handeln.

Schielzeth und sein Team erforschen in Experimenten mit den Heuschrecken, wie wichtig die Beschaffenheit der Popeye-Arme für die Paarungsentscheidung der Weibchen ist. Darüber hinaus analysieren sie, ob die Ausprägung der Popeye-Arme mit dem gesundheitlichen Zustand eines Tieres zusammenhängt: Sind die Vorderbeine stärker angeschwollen, wenn das Männchen gut ernährt ist? Aber auch die andere Perspektive kommt nicht zu kurz: Sind gut situierte Weibchen beispielsweise wählerischer als solche unter Mangelbedingungen?

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen dies alles wissen, um die Evolution von sexuellen Ornamenten zu verstehen. „Ein Großteil der Vielfalt, die wir in der Natur bewundern, beruht auf sexuellen Ornamenten“, sagt Holger Schielzeth, „Es geht also letztendlich auch um ein besseres Verständnis der Entstehung von Biodiversität.“ Evolution sei nicht zu verstehen, ohne die Genetik der Merkmale zu kennen, sagt Schielzeth.

Das Forschungsprojekt trägt den Titel „Genetik intersexueller Selektion: Konflikt und Koevolution“ und läuft seit Mitte März. Projektleiter Holger Schielzeth promovierte am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und an der Ludwig-Maximilians-Universität München über die Partnerwahl von Zebrafinken. Zwischen 2009 und 2011 war er als Postdoc an der Universität Uppsala in Schweden tätig.

Mit dem Emmy-Noether-Programm unterstützt die Deutsche Forschungsgemeinschaft exzellente junge Forscher, sich früh in ihrer wissenschaftlichen Karriere für eine Führungsposition in Wissenschaft, Forschung und Lehre zu qualifizieren. Das fächerübergreifende Programm ermöglicht den Aufbau einer eigenen Forschungsgruppe mit Doktoranden und wissenschaftlichen Mitarbeitern.

Kontakt:
Dr. Holger Schielzeth, Universität Bielefeld
Fakultät für Biologie, Abteilung für Evolutionsbiologie
Telefon: 0521 106-2820
E-Mail: holger.schielzeth@uni-bielefeld.de

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