Pfeilgiftfrösche: Polygamie sichert Überleben

Rund zwei Zentimeter groß und etwa zwei Gramm schwer wird die Froschart &quot;Allobates femoralis&quot;. Insgesamt gibt es rund 280 Pfeilgiftfroscharten, wobei nur wenige wirklich hohe Toxizität aufweisen. (Foto: Gerhard Rainer)<br>

Die Rede ist von der Pfeilgiftfroschart Allobates femoralis, deren Fortpflanzungs- und Brutpflegeverhalten die Evolutionsbiologin der Universität Wien in Französisch-Guyana erforscht. Sie setzt dazu eine Population Allobates femoralis auf einer Flussinsel aus und untersucht die Frösche dort isoliert von Artgenossen. Davon erhofft sie sich Aufschlüsse zu deren Überlebens- und Fortpflanzungsstrategien.

Bei der Partnerwahl sind die Weibchen der Pfeilgiftfroschart Allobates femoralis nicht besonders wählerisch. Das fand Eva Ringler vom Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien in ihrer Dissertation – beruhend auf Feldforschungen in Französisch-Guyana – heraus: „Die Weibchen wählen viele Männchen als Partner aus, da sie dadurch den Fortpflanzungserfolg sowie die genetische Vielfalt der Nachkommen erhöhen und verschiedenste Risikofaktoren in Bezug auf ihr Überleben ausschalten.“ Denn vom Ei bis hin zur Metamorphose sind die Larven zahlreichen Gefahren ausgesetzt: von Fressfeinden bis hin zur Austrocknung der Wasserstellen, in denen sie sich entwickeln: „Die Eier werden vom Weibchen an Land, also im Trockenen, abgelegt“, erklärt Ringler die komplexe, unter Amphibien recht einzigartige Fortpflanzungsbiologie der Pfeilgiftfrösche: „Die Larven werden dann vom jeweiligen Männchen ins Wasser gebracht, wo sie bis zur Metamorphose bleiben.“
Froschinsel wird zum Labor für Evolutionsbiologie

„Im Projekt wird auf einer Flussinsel in Französisch-Guyana eine Population von Allobates femoralis etabliert, um jene Faktoren zu untersuchen, die das Überleben der Tiere maßgeblich beeinflussen“, erklärt Eva Ringler. Die rund fünf Hektar große Flussinsel wurde im Zuge der letzten Feldforschung genau vermessen und kartiert.

Markiert und genetisch erfasst

Über Allobates femoralis liegen bereits umfassende Vorarbeiten der Arbeitsgruppe um Walter Hödl, Professor am Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien und Doktorvater von Ringler, vor. Darum eignet sich diese Froschart bestens für experimentelle Studien und Langzeituntersuchungen. „Wir haben bereits 1.800 Kaulquappen auf der Flussinsel ausgesetzt. Von jeder einzelnen wird ein genetisches Profil bestimmt: Dadurch können wir jedes Individuum vom Kaulquappen- bis zum Adultstadium genetisch verfolgen“, erklärt Eva Ringler ihr Forschungsvorhaben, das sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Evolutionsbiologen Max Ringler, durchführt. Die Gewebeproben werden im Labor analysiert. Dafür wurde jeder Kaulquappe ein kleines Stück der Schwanzspitze entnommen. „Das ist quasi wie ein Fingerabdruck“, so Eva Ringler.

Dank dieser genetischen Marker können Ringler und ihr Team die gesamte Pfeilgiftfroschpopulation der Flussinsel langfristig verfolgen und auch Stammbäume zwischen aufeinanderfolgenden Generationen rekonstruieren. „Wir sind die ersten, die Individuen über alle Stadien eines Amphibienlebens in einer derartigen Studie genetisch verfolgen und analysieren“, freut sich die junge Forscherin.

Biographische Angaben zu Eva Ringler

Eva Ringler schloss 2011 ihre Dissertation zu Allobates femoralis ab und blieb „ihren Fröschen“ treu: Unterstützt durch das L'Oréal-Stipendium „For Women in Science“ – im Rahmen dessen sie im Frühjahr 2012 erneut in Französisch-Guyana forschte – bereitet sie sich nun auf das kürzlich vom FWF bewilligte Projekt „Fitnessfaktoren bei Arten mit komplexen Lebenszyklen“ vor.

Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Eva Ringler
Department für Evolutionsbiologie
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14 (UZA I)
T +43-1-4277-544 96
M +43-650-978 02 08
eva.ringler@univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag.a Veronika Schallhart
Pressebüro der Universität Wien
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T +43-1-4277-175 30
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