Neues Vogelgrippe-Virus im Labor entwickelt

Einer Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Martin Schwemmle, Biologe in der Abteilung Virologie des Universitätsklinikums Freiburg, ist es gelungen, den Prototyp eines Vogelgrippe-Virus herzustellen, der keine für die Anpassung an den Menschen relevante Mutation besitzt. Die Ergebnisse sind in dem weltweit äußerst renommierten, online erscheinenden, Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht worden.

Von H5N1-Viren, den sogenannten Vogelgrippeviren geht auch für den Menschen eine nicht zu unterschätzende Gefahr aus. Wenn solche Viren vom Tier auf den Menschen übertragen wird, besitzt es eine sehr hohe Pathogenität. Da H5N1-Viren ihr Erbgut nur nach vorheriger Anpassung effizient im Menschen vervielfältigen können, kommen solche Übertragungen aber nur vereinzelt vor.

Ein Teil der bisher dokumentierten tödlichen Verläufe bei menschlichen H5N1-Infektionen ist mit einer Mutation im PB2 Gen der viralen Polymerase verbunden, dem Enzym, das das virale Erbgut vervielfacht. Von dieser Mutation ist bekannt, dass sie der viralen Polymerase ermöglicht, das virale Erbgut in menschlichen Zellen effizienter zu vervielfältigen. Bei der Mehrzahl der Infektionen mit H5N1 beim Menschen wurde diese Mutation jedoch nicht gefunden. Welche „alternativen“ Genmutationen jedoch nötig sind, um das Erbgut dieser Viren effizient in menschlichen Zellen zu vermehren, ist seit den ersten H5N1 Infektionen beim Menschen im Jahr 1997 eine ungelöste Frage.

„Nun ist es uns gelungen, den Prototyp eines Vogel-Virus herzustellen, der keine für die Anpassung an den Menschen relevante Mutation besitzt“, so Professor Schwemmle. „Mit diesem Virus konnten wir zum ersten Mal zeigen, welcher Schritt der Erbgut-Vermehrung in menschlichen Zellen beeinträchtigt ist und welche ‚alternativen‘ Mutationen diesen Defekt ausgleichen können.“
Dabei überraschte die Wissenschaftler, dass nicht nur Mutationen in der viralen Polymerase, sondern auch eine einzige Mutation im viralen Kernexportprotein ausreicht um dem Vogelgrippevirus eine effiziente Vermehrung der viralen Erbinformation in menschlichen Zellen zu ermöglichen. Und das ohne, dass die Polymerase selbst mutiert ist. „Wir konnten darüber hinaus zeigen, dass die Mutation im viralen Kernexportprotein die Aktivität von H5N1- Polymerasen, die keine optimale Anpassung durch Mutationen haben, dramatisch steigern kann“, sagt der Freiburger Biologe Schwemmle.

Den Wissenschaftlern gelang somit, eine bisher unbekannte, entscheidende Funktion des viralen Kernexportprotein bei der Anpassung von H5N1-Viren an einen neuen Wirt zu identifizieren. Diese neuen Erkenntnisse können unmittelbar dazu genutzt werden das Potential von H5N1-Viren frühzeitig abzuschätzen und somit auf zukünftige Pandemien frühzeitig zu reagieren. Darüber hinaus eröffnen die Ergebnisse neue Möglichkeiten für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten.

Kontakt:
Prof. Dr. Martin Schwemmle
Abteilung Virologie
Universitätsklinikum Freiburg
Tel.: 0761 203- 6526
E-Mail: martin.schwemmle@uniklinik-freiburg.de

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