Neue Weltkarte der Artenvielfalt – Göttinger Wissenschaftler steckt Grenzen von Bioregionen neu ab

Neue Weltkarte der Bioregionen für Säugetierarten von Prof. Dr. Holger Kreft (Universität Göttingen) und Prof. Dr. Walter Jetz (Yale University). Ähnliche Farbtöne symbolisieren Regionen mit ähnlicher Säugetierfauna. Die schwarzen Grenzen wurden mit Hilfe computerbasierter Clusterverfahren berechnet und weisen biogeografische Regionen mit einer eigenständigen Säugerfauna aus. Foto: Uni Göttingen<br>

Seit 150 Jahren werden die Grenzen zwischen so genannten Bioregionen, die die Muster biologischer Vielfalt auf Kontinenten und global beschreiben, kontrovers diskutiert. Der Göttinger Biogeograf Prof. Dr. Holger Kreft hat nun gemeinsam mit Prof. Dr. Walter Jetz von der Yale University ein neues Verfahren entwickelt, mit der sie eine neue Weltkarte der Artenvielfalt von Säugetieren erstellt haben.

Diese weicht von früheren klassischen Einteilungen ab. Dr. Kreft leitet als Juniorprofessor an der Universität Göttingen die Free Floater-Nachwuchsgruppe „Biodiversität, Makroökologie und Biogeographie“, die mit Mitteln der Exzellenzinitiative gefördert wird. Das Ergebnis der Untersuchung wurde in der November-Ausgabe des Journal of Biogeography veröffentlicht.

Die beiden Wissenschaftler haben ihren Computer mit Daten über die Verteilung von fast 5.000 Säugetierarten auf der Erde gefüttert. In einer mehrstufigen Analyse stießen sie einerseits auf Ähnlichkeiten mit klassischen Einteilungen, definierten aber andererseits Regionen biogeografisch neu: Die Ergebnisse bestätigen die Einteilung in die sechs globalen Regionen Paläarktis und Nearktis auf der Nordhalbkugel sowie Afrika, Orientalis, Neotropis und Australien. Diese Einteilung geht zurück auf Alfred Russel Wallace, einem der Gründerväter der Biogeografie. „Allerdings ordnen wir zum Beispiel Madagaskar wegen seiner einzigartigen Säugerfauna anders zu. Auch die klassische Wallace-Linie, die die Region Orientalis vom Australischen Reich trennt, verläuft nach unseren Berechnungen viel weiter östlich“, so Prof. Kreft.

Bislang basierten die Grenzziehungen vor allem auf dem Wissen und der subjektiven Einschätzung des jeweiligen Biogeografen. „Auf die Frage, wo die Grenze verläuft zwischen Afrikanische Tropen und der Paläarktis, der unsere Tierwelt angehört, gibt es wahrscheinlich mehr als 20 verschiedene Antworten“, so der Göttinger Wissenschaftler. Im Vergleich zu älteren Studien ermöglicht es die computerbasierte Analyse, viel stärker ins Detail zu gehen. Die beiden Forscher konnten so bis zu 60 Unterregionen bilden. Dies ist zum Beispiel bei der Planung von Naturschutzprojekten nützlich, mit denen alle Arten und Lebensgemeinschaften eines Kontinents geschützt werden sollen. „In unserem Verfahren sehen wir einen wichtigen Schritt, um die Biogeografie auf eine quantitative Basis zu stellen und die bislang strittigen Fragen zu beantworten“, so Prof. Kreft.

Das neue Verfahren der beiden Wissenschaftler basiert auf einer Clusteranalyse von digitalen Daten, die weltweit verfügbar sind. Zunächst legten sie ein Raster von 11.000 gleichgroßen Feldern über die Weltkarte und ordneten diesen Feldern die Daten zur Verbreitung von Arten zu. So entstand für jedes Feld eine eigene Artenliste. Anschließend verglichen die Forscher 55 Millionen Felderpaare miteinander und fassten Felder mit ähnlichen Artenlisten zu Regionen zusammen.

Originalveröffentlichung:
Holger Kreft und Walter Jetz, A framework for delineating biogeographical regions based on species distributions, Journal of Biogeography, November 2010, doi: 10.1111/jbi.2010.37.issue-11/issuetoc
Kontaktadresse:
Prof. Dr. Holger Kreft
Georg-August-Universität Göttingen
Free Floater-Nachwuchsgruppe „Biodiversität, Makroökologie und Biogeographie“
Büsgenweg 2, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-10727
E-Mail: hkreft@uni-goettingen.de

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Dr. Bernd Ebeling idw

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