Neue Materialien für Displays: Forscher verbessern bananenförmige Flüssigkristalle

Beispiel einer „flüssigkristallinen Bananenphase” in ungeorneter Form (mitte) und nach eiheitlicher Orietierung (außen). Foto: Carsten Tschierske

Eine internationale Forschergruppe der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Trinity College in Dublin hat nun eine Möglichkeit gefunden, diese großflächig und defektfrei anzuordnen. Das macht das Material auch für Anwendungen in der Elektronik und der Optik denkbar. Die Ergebnisse wurden kürzlich im internationalen Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Flüssigkristalle sind Stoffe, die einerseits flüssig sind, aber wie die festen Kristalle auch richtungsabhängige Eigenschaften haben. Genauso ist es auch bei den „bananenförmigen“ Flüssigkristallen, die die Arbeitsgruppe des halleschen Chemikers Prof. Dr. Carsten Tschierske gemeinsam mit Physikern aus Dublin hergestellt und untersucht hat. Je nach Anordnung der einzelnen Moleküle ergeben sich verschiedene Eigenschaften des Materials.

„Die Flüssigkristall-Moleküle sind nach ihrer Herstellung als solche erst einmal ungeordnet. Das bedeutet, dass die Eigenschaften des Materials in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich sind“, erklärt Chemiker Carsten Tschierske von der MLU. Für Anwendungen in Displays etwa müssen die Flüssigkristalle aber geordnet sein, damit an jeder Stelle die gleichen Eigenschaften zu finden sind. Ansonsten kommt es zu Fehlfunktionen. „Diese Ordnung muss gleichzeitig auch dauerhaft stabil sein. Für bananenförmige Flüssigkristalle war das bisher nur eingeschränkt möglich“, so Tschierske weiter.

Die internationale Forschergruppe hat nun den richtigen Weg gefunden; Zunächst stellten die Wissenschaftler in Halle die speziellen Flüssigkristalle her, untersuchten und optimierten diese. In Dublin wiesen Forscher nach weiteren Untersuchungen den gewünschten Effekt nach.

Bananenförmige Flüssigkristalle haben im Vergleich zu anderen Flüssigkristallen besondere Eigenschaften. Dazu gehört zum Beispiel die so genannte Ferroelektrizität: Sie verfügen auch ohne externe elektrische Felder über eine Polarisation. Damit ist gemeint, dass solche Materialien zwar insgesamt elektrisch neutral sind, die Ladung aber innerhalb dieses Materials unterschiedlich verteilt sein kann.

Durch das zusätzliche Anlegen von elektrischen Feldern kann dieser Zustand beliebig verändert werden. Die Erkenntnisse der Forschergruppe könnten daher in Zukunft dafür verwendet werden, diese besonderen Flüssigkristalle auch in schnell schaltenden Displays und für elektrooptische Schalter zu nutzen.

Die Forschung an Flüssigkristallen hat in Halle eine lange Tradition: Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts stellte der hallesche Chemiker Daniel Vorländer systematisch etwa 2.000 flüssigkristalline Verbindungen her. Darunter waren auch erstmals bananenförmige Flüssigkristalle, deren Name sich von der gebogenen Form ihrer Moleküle ableitet. Diese gerieten aber über lange Zeit in Vergessenheit. Erst 1996 konnte eine japanische Forschergruppe die Ferroelektrizität in den Materialien nachweisen. Seitdem arbeiten viele Forschergruppen weltweit, darunter auch die halleschen Chemiker, an der Erforschung dieser Materialien.

Zur Publikation:
Sreenilayam, S. P. et al. Spontaneous helix formation in non-chiral bent-core liquid crystals with fast linear electro-optic effect. Nature Commun. 7:11369 doi: 10.1038/ncomms11369 (2016).

Media Contact

Tom Leonhardt idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-halle.de

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