Neue Erkenntnisse über Fehlfaltung von Proteinen

Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch haben nun gemeinsam mit Kollegen von der Université Paris Diderot, Paris, Frankreich, 21 andere Eiweiße identifiziert, die dazu beitragen oder verhindern, dass Ataxin-1 schädliche Strukturen ausbildet. (PLoS Genetics, doi: 10.1371/journal.pgen.1002897)*.

Ein Protein kann seine Funktion nur dann richtig erfüllen, wenn sich die lange Kette aus seinen Bausteinen, den Aminosäuren, richtig faltet. Ist die Faltung fehlerhaft, kann das Protein giftig für den Körper sein und mit anderen Proteinen zu Aggregaten verklumpen. Bei Ataxin-1, das die Forscher jetzt untersucht haben, kann es aufgrund erblicher Gendefekte besonders häufig zu Fehlern kommen, die dann neurodegenerative Erkrankungen verursachen. Das ist dadurch bedingt, dass die Aminosäure Glutamin in der Aminosäuren-Kette von Ataxin-1 sehr oft hintereinander vorkommt. Je häufiger diese Aminosäure vertreten ist, desto schädlicher ist das Protein, ab etwa 40 Wiederholungen wird es als toxisch eingestuft.

Nun haben Dr. Spyros Petrakis, Dr. Miguel Andrade, Prof. Erich Wanker und Kollegen 21 Eiweiße identifiziert, die die Faltung von Ataxin-1 beeinflussen. Zwölf der Eiweiße fördern die Giftigkeit, neun können sie reduzieren. Die Eiweiße sind zum überwiegenden Teil auf Ataxin-1 spezialisiert und greifen an unterschiedlichen Stellen in seinem Bildungs- und Aggregationsprozess an. Manche haben Einfluss auf die Produktion des Proteins, andere sind in der Lage, das falsch gefaltete Protein entweder abzubauen oder dazu zu bringen, sich richtig zu falten. Für die Forscher unerwartet war das Ergebnis, dass auch Eiweiße, die den Transport von Ataxin-1 in der Zelle steuern, seine Giftigkeit beeinflussen.
Außerdem haben die Forscher bei den Eiweißen, die die Giftigkeit erhöhen und die Aggregatbildung fördern, eine Gemeinsamkeit gefunden: In ihrer Struktur kommt eine bestimmte Form vor, die als „coiled-coil-Motiv“ (wörtlich: „doppelt gewundene Spirale“) bezeichnet wird. Diese Form begünstigt offenbar die Fehlfaltung, denn Eiweiße, bei denen dieses Strukturmotiv fehlte, hatten keinen schädlichen Einfluss auf die Faltung von Ataxin-1 mehr. Hier sehen die Forscher einen Ansatz für eine mögliche Therapie: „Eine genaue Analyse der molekularen Details kann helfen, Medikamente zu entwickeln, die die schädlichen Prozesse unterdrücken.“

*Identification of Human Proteins That Modify Misfolding and Proteotoxicity of Pathogenic Ataxin-1

Spyros Petrakis1, Tamás Raskó1, Jenny Russ1, Ralf P. Friedrich1, Martin Stroedicke1, Sean-
Patrick Riechers1, Katja Muehlenberg1, Angeli Möller1, Anita Reinhardt2, Arunachalam Vinayagam1, Martin H. Schaefer3, Michael Boutros4, Hervé Tricoire2, Miguel A. Andrade-Navarro3, Erich E. Wanker1

1 Neuroproteomics, Max Delbrueck Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany; 2 Unité BFA (EAC 7059), Université Paris Diderot-Paris7/CNRS, Paris, France; 3 Computational Biology and Data Mining, Max Delbrueck Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany; 4 Division of Signaling and Functional Genomics, German Cancer Research Center, Heidelberg, Germany

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