Neue Einflussfaktoren für die Diagnose von Typ 2 Diabetes

HbA1C ist der wichtigste Blutwert, um den Verlauf von Typ 2 Diabetes mellitus zu verfolgen. Die Ergebnisse sind im renommierten Fachjournal Diabetes veröffentlicht.

Ein internationales Wissenschaftler-Team hat mit Hilfe der Metaanalyse von genomweiten Assoziationsstudien (GWAs)** 10 Genorte identifiziert, die die HbA1C-Konzentration im Blut beeinflussen. Sechs davon waren bislang nicht mit HbA1C in Verbindung gebracht worden, sieben stehen in Verbindung mit seltenen erblichen Erkrankungen wie Anämien und Störungen beim Speichern von Eisen im Körper*.

Häufig auftretende Varianten beeinflussen die Biologie der roten Blutkörperchen und leisten einen kleinen, aber messbaren Beitrag bei einer Diabetes-Diagnose basierend auf HbA1C, wie das Team nun herausfand.

Die vorliegende Metaanalyse umfasste Daten von fast 50.000 nicht an Diabetes erkrankten Europäern aus 23 GWAs und 8 weiteren Kohorten. Dazu gehörte auch die vom Direktor des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München, Prof. Dr. Dr. H.-Erich Wichmann, geleitete Kohorte KORA, kurz für Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg. „Durch die breite Datenbasis konnten wir abschätzen, welchen Effekt die einzelnen SNPs auf die Konzentration von HbA1C haben und wie diese Unterschiede ein Diabetes-Screening beeinflussen würden,“ so Dr. Christian Gieger vom Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrums München.

Typ 2 Diabetes ist eine Erkrankung des Glukose-Stoffwechsels, bei dem Wirkung und ausreichende Produktion des Hormons Insulin verloren gehen. Die Entstehungsmechanismen der Erkrankung sind nicht vollständig geklärt. Es ist jedoch bekannt, dass die Kombination von genetischen und Lebensstilfaktoren zu Diabetes führt. Allein in Deutschland ist diese Erkrankung derzeit bei mindestens sieben Prozent der Bevölkerung bekannt, das entspricht fast sechs Millionen Menschen. Zudem legen Studien zur Dunkelziffer des Diabetes nahe, dass mehrere Millionen Männer und Frauen in Deutschland an Diabetes leiden, dieser aber noch nicht diagnostiziert und somit unbehandelt ist.

Hintergrund:

* Sauerstoff wird im Körper an Hämoglobin (Hb) gebunden transportiert. Für diese Bindung ist ein zentrales Eisenatom essentiell, das darüber hinaus das Blut rot färbt. Glykosyliertes, d. h. an Glukose gebundenes Hämoglobin (HbA1C) ist ein Maß für den sog. Langzeitblutzucker, ein Durchschnittswert. Er stellt einen der häufigsten Blutwerte für die Diagnose und Verlaufskontrolle von Typ 2-Diabetes mellitus-Erkrankungen dar.

** Genomweite Assoziationsstudien untersuchen an einer Vielzahl von Patienten, an welchen Stellen sich die Erbsubstanz unterscheidet. Variiert nur eine Stelle, so spricht man von Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs). Nicht alle SNPs sind gleich häufig in der Bevölkerung verteilt – neben häufigen gibt es auch selten auftretende Variationen.

Originalpublikation: Soranzo N. et al (2010): Common variants at ten genomic loci influence hemoglobin A1C levels via glycemic and non-glycemic pathways. Diabetes published ahead of print September 21, 2010, doi:10.2337/db10-0502

Weitere Informationen

Das Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrums München beschäftigt sich mit methodischen Fragen der Quantifizierung kleiner Risiken, mit der Auswirkung von Partikeln und Luftschadstoffen auf die Lunge und auf das Herz-Kreislauf-System sowie der regionalen Verteilung und Entwicklung von Atemwegserkrankungen und Allergien. Ein neuer Schwerpunkt des Instituts ist die molekulare Analyse von komplexen Erkrankungen (z.B. Asthma, Typ 2 Diabetes, Herzinfarkt). Zentrales Ziel ist es, die Rolle von Umwelteinflüssen und genetischen Veranlagungen auf die menschliche Gesundheit mit epidemiologischen Methoden zu untersuchen.

Die Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA), unter der Leitung von Prof. Dr. H.-Erich Wichmann, stellt eine Untersuchungs-Plattform für bevölkerungsbasierte Gesundheitsforschung in Epidemiologie, Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung dar. KORA ist ein Netzwerk von bevölkerungsrepräsentativen Surveys und darauf aufbauenden Follow-up-Studien. Weitere Informationen: http://www.helmholtz-muenchen.de/kora

Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit etwa 30.000 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

Ansprechpartner für Medienvertreter

Sven Winkler, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Ingolstädter Landstraße 1 85764 Neuherberg; Tel. 089-3187-3946, Fax 089-3187-3324, E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de

Media Contact

Sven Winkler Helmholtz-Zentrum

Weitere Informationen:

http://www.helmholtz-muenchen.de/epi

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer