Molekulares Schutzschild des Aids-Erregers

Der Aids-Erreger hat eine Hülle mit Stacheln. Sie helfen ihm beim Eindringen in die Wirtszelle, bieten aber auch Angriffspunkte für die Abwehrreaktionen unseres Immunsystems. Wie das HI-Virus diese Abwehr ins Leere laufen lässt, haben jetzt vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Forschende herausgefunden.

Der Aids-Erreger HIV sieht aus wie ein Ball, aus dem ungefähr ein Dutzend winzige Stacheln ragen. Diese Stacheln, die Hülleiweisse des Virus, sind gleichzeitig Waffe und Schwachpunkt. Einerseits braucht der Erreger sie, um in die Wirtszellen einzudringen und sich anschliessend dort zu vermehren. Andererseits bieten diese Stacheln eine Angriffsfläche: Die Antikörper, die unser Immunsystem herstellt, um den Aids-Erreger zu neutralisieren, richten sich alle gegen bestimmte Teile der Stacheln.

Katz-und-Maus-Spiel
Um den Antikörpern zu entgehen, verändert sich das Virus im Körper des Patienten laufend. Daher muss das Immunsystem auch immer neu angepasste Antikörper herstellen. «Ein Katz-und-Maus-Spiel», sagt Alexandra Trkola vom Institut für Medizinische Virologie der Universität Zürich. Mit Kollegen vom Universitätsspital Zürich und der ETH Zürich hat ihr Team in einer soeben erschienenen Studie (*) nachgewiesen, dass die Stacheln molekulare Schutzschilde besitzen, die für den Virus besonders wichtige Strukturen vor den Antikörpern abschirmen.

Diese Schutzschilde bestehen aus zwei benachbarten, flexiblen Bereichen eines Hülleiweisses, die sich wie lose Schlingen um die Stacheln winden. Wenn diese Schlingen fehlen, so ist das menschliche Immunsystem problemlos in der Lage, das Virus zu hemmen, wie das Team um Trkola in Versuchen mit gentechnisch veränderten Viren herausgefunden hat.

Völlig anderer Ansatz
Zudem war die genaue Position dieser Schlingen bisher unbekannt– trotz weltweit intensiven Bemühungen, aus kristallisierten Viruseiweissen Informationen zu gewinnen. Die Forschenden um Trkola haben einen völlig anderen Ansatz gewählt: Sie haben den Stachel, der normalerweise aus drei identischen Eiweissen zusammengesetzt ist, mit zwei unterschiedlichen, gentechnisch veränderten Varianten des Hülleneiweisses – eine mit und eine ohne die schützenden Schlingen – rekonstruiert und so nachweisen können, dass die schützenden Schlingen bis zum Nachbareiweiss reichen.

«Das liefert uns einen besseren Anhaltspunkt, wo sich die Schlingen befinden», sagt Trkola. Das Wissen um die genaue Position der Schutzschilde ist wichtig im Hinblick auf die Entwicklung eines Impfstoffes, mit dem man der Erkrankung an Aids vorbeugen könnte. «Doch der Weg dahin ist noch sehr weit», sagt Trkola.

(*) Peter Rusert, Anders Krarup, Carsten Magnus, Oliver F. Brandenberg, Jacqueline Weber, Anna-Katharina Ehlert, Roland R. Regoes, Huldrych F. Günthard and Alexandra Trkola (2011). Interaction of the gp120 V1V2 loop with a neighboring gp120 unit shields the HIV envelope trimer against cross-neutralizing antibodies. Journal of Experimental Medicine online. doi: 10.1084/jem.20110196

(als PDF beim SNF erhältlich; E-Mail: pri@snf.ch)

Kontakt
Prof. Alexandra Trkola
Institut für Medizinische Virologie
Universität Zürich
Winterthurerstrasse 190
8057 Zürich
Tel.: +41 (0)44 634 53 80
E-Mail: trkola.alexandra@virology.uzh.ch

Media Contact

Presse- und Informationsdienst SNF idw

Weitere Informationen:

http://www.snf.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ultraleichte selbstglättende Spiegel

…erhöhen die Effizient hochmoderner Teleskope. Schon immer faszinierte den Menschen der Blick in den Sternenhimmmel und nicht minder faszinierend ist es, die Erde aus dem Weltraum zu betrachten. Möglich ist…

Überraschende Umkehr in Quantensystemen

Forschende haben topologisches Pumpen in einem künstlichen Festkörper aus kalten Atomen untersucht. Die Atome wurden mit Laserstrahlen gefangen. Überraschenderweise kam es zu einer plötzlichen Umkehr der Atome an einer Wand…

Magnetisch durch eine Prise Wasserstoff

Neue Idee, um die Eigenschaften ultradünner Materialien zu verbessern. Magnetische zweidimensionale Schichten, die aus einer oder wenigen Atomlagen bestehen, sind erst seit kurzem bekannt und versprechen interessante Anwendungen, zum Beispiel…

Partner & Förderer