Mikroben-Matten der Größe Griechenlands gefunden

Bevor am 4. Oktober 2010 das finale Ergebnis des Census of Marine Life der Zählung aller Lebewesen in den Meeren – veröffentlicht wird, weisen Forscher erneut auf die Bedeutung von Mikroben und Zwerglebewesen in den Ozeanen hin. „Diese Lebewesen sind für das Leben auf der Erde immens wichtig“, betont der Biologe Paul Snellgrove vom Ocean Science Centre an der Memorial University in Neufundland im pressetext-Interview.

Bei Untersuchungen vor der Westküste Südamerikas sind Wissenschaftler in mittleren Tiefen auf Mikrobenmatten gestoßen, die der Größe von Griechenland entsprechen. „Diese Lebensgemeinschaften gehören zu den größten Lebensmassen des Planeten überhaupt“, erklärt der Wissenschaftler Ron O'Dor von der Dalhousie University http://www.dal.ca gegenüber pressetext.

Schlüsselrolle in der Nahrungskette

„Unsere Untersuchungen mit dem modernsten technischen Equipment erlauben erstmals einen Einblick in die Welt der Mikroben“, so Snellgrove. Bisher sei nicht abschätzbar gewesen, welche wichtige Rolle sie im Meer überhaupt spielen. Ihre gesamte Zahl dürfte bei Quintillionen (eine eins mit 30 Nullen dahinter) liegen. „Diese Lebewesen machen zwischen 50 und 90 Prozent der gesamten Biomasse in den Ozeanen aus“, erklärt der Forscher. „Aufgrund ihrer großen Menge spielen sie auch eine Schlüsselrolle in der Nahrungskette.“

Ein Forschungsprojekt von Victor Gallardo, dem Vize-Vorsitzenden des Census Scientific Steering Committee, in Chile und O'Dor hat ergeben, dass verschiedene mikrobielle Ökosysteme in Schwefelwasserstoff-Umgebungen gut wachsen und gedeihen. „Das sind Bedingungen, die auf der Erde vor 2,5 Mrd. bis 650 Mio. Jahren vorgeherrscht haben“, so O'Dor. „In mittleren Tiefen ist der Sauerstoffgehalt aufgrund verschiedener physikalischer Effekte sehr gering. Hier gibt es nur sehr wenige Lebewesen“, erklärt O'Dor. Hier haben die Forscher riesige Matten von Mikroben entdeckt.

Große Mikroben in großer Zahl

„Üblicherweise sind Mikroben klein. Doch unsere Funde haben gezeigt, dass sie zwischen zwei und sieben Zentimeter groß werden“, so der Wissenschaftler. Gefunden wurden diese Matten am Kontinentalschelf vor der Küste Chiles. „Wir gehen davon aus, dass sie in sauerstoffarmen Zonen bis Panama vorkommen und wahrscheinlich sogar in anderen sauerstoffarmen Meeresgebieten.“ Die Forscher nehmen an, dass menschliches Zutun die Bildung solcher Mikrobenmatten ebenfalls fördern kann.

Obwohl die Mikrobenmatten per se nicht gefährlich sind, sind sie anderen Lebensformen gegenüber nicht freundlich, wie O'Dor meint. „Denn andere Lebewesen überleben unter diesen Bedingungen eben nicht.“ Welche Rolle diese Mikrobenmatten im Meer spielen, ist den Forschern unklar. „Unter dem Aspekt, dass die Biomasse der Mikroben so groß ist, gibt es auch Hinweise darauf, dass sie im gesamten Nahrungskreislauf eine Rolle spielen.“

Schwämme mit 3.000 verschiedenen Bakterien

Ein Forscherteam am Great Barrier Reef in Australien hat bei Untersuchungen an Meeresschwämmen festgestellt, dass hier fast 3.000 Bakterienarten vorkommen. „Alleine die Verfolgung und Visualisierungen solcher komplexen Populationen waren vor zehn Jahren noch nicht möglich“, so John Baross von der University of Washington und Vorsitzender des Scientific Advisory Council der International Census of Marine Microbes IcoMM.

Die Zahl der marinen Viren könnte die Zahl der Mikroben sogar noch übersteigen. „Der erste Zensus von solchen Viren sollte also ein Ziel der kommenden Dekade sein“, meint der Forscher.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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