MHH-Forscherinnen auf der Spur des Blutkrebses

Seit wenigen Jahren steht das Medikament Lenalidomid® zur Verfügung mit dem eine Form der Leukämie – das Myelodysplastische Syndrom (MDS) – gezielt therapiert werden kann. Forscherinnen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) halfen nun bei der Aufklärung, warum bei einigen Patienten, die an dieser speziellen Blutstammzellerkrankung erkrankt sind, trotz der neuartigen Behandlung eine aggressive Form der Leukämie entsteht. Gemeinsam mit Dr. Sten Jacobsen aus Oxford, Kollegen aus Schweden sowie den USA berichten die Forscherinnen des MHH-Instituts für Zell- und Molekularpathologie, dass die unreifen Knochenmark-Stammzellen – anders als die Masse der reiferen Vorläuferzellen – durch das Medikament nicht beseitigt werden. „Tatsächlich entwickelten sich bei einigen Patienten aggressive Leukämien, die in den meisten Fällen nach wenigen Monaten zum Tod führten“, berichtet Professorin Dr. Brigitte Schlegelberger, Direktorin des MHH-Instituts für Zell- und Molekularpathologie. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher nun in der neusten Ausgabe des renommierten Fachmagazins New England Journal of Medicine.

Die Stammzellerkrankung MDS mit einem verkürzen Chromosom 5 (5q-) tritt vorwiegend bei älteren Frauen auf. Sie leiden vor allem an Blutarmut und benötigen regelmäßig Bluttransfusionen. Gezielt setzen amerikanische Mediziner das Medikament seit kurzem zur Behandlung der Leukämie ein. Etwa zwei Drittel der behandelten Patientinnen brauchen dank der Therapie keine Bluttransfusionen mehr. Aufgrund von Sicherheitsbedenken ist das Medikament bisher nicht in Europa zugelassen.

Dr. Gudrun Göhring, Oberärztin des MHH-Instituts für Zell- und Molekularpathologie, untersuchte Knochenmarkproben der behandelten Patienten. Typisch für die Erkrankung ist ein verkürztes Chromosom 5. Obwohl bei den gängigen Kontrolluntersuchungen das verkürzte Chromosom 5 verschwunden und das Blutbild völlig normal war, überlebten im Knochenmark einzelne sehr unreife Stammzellen mit dem verkürzten Chromosom 5. „Im Lauf der Behandlung traten neue komplexe Veränderungen der Chromosomen auf – für uns ein schlechtes Zeichen“, erklärt Dr. Göhring. Ob die Leukämieentwicklung den natürlichen Verlauf der Krankheit darstellt oder mit der Behandlung zusammenhängt, ist unklar. Insbesondere ist noch nicht geklärt, ob sich das Medikament neutral verhält, das Voranschreiten der Krankheit hemmt oder beschleunigt.

Die Arbeiten wurden durch den Exzellenzcluster REBIRTH (From Regenerative Biology to Reconstructive Therapy) unterstützt.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Gudrun Göhring, Oberärztin des MHH-Instituts für Zell- und Molekularpathologie, Telefon (0511) 532-4517, Goehring.Gudrun@mh-hannover.de.

Die Originalarbeit finden Sie unter http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa0912228.

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Stefan Zorn idw

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