MDC-Forscher entdecken wie Umhüllung von Nervenfasern gesteuert wird

Axone können umhüllt sein – dann leiten sie Informationen schneller weiter – oder sie benötigen keine Hülle. In Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe der MDC-Entwicklungsbiologin Prof. Carmen Birchmeier konnte sie bei Mäusen zeigen, wie die Umhüllung oder Hüllenlosigkeit der Axone im peripheren Nervensystem gesteuert wird (PNAS, doi: /10.1073/pnas.1310490110)*.

Eine wichtige Rolle im Nervensystem spielen neben den Nervenzellen (Neuronen) die Gliazellen. „Ohne Gliazellen würde keine Nervenzelle funktionieren“, betont Dr. Grigoryan. Im peripheren Nervensysstem spielt dabei eine Gruppe von Gliazellen eine Rolle, die nach ihrem Entdecker Theodor Schwann (1810-1882) als Schwannzellen bezeichnet werden. Diese Schwannzellen umhüllen die Axone und bilden die sogenannte Myelinschicht.

„Die Schwannzellen steuern auch die Regeneration der Axone nach einer Nervenverletzung im peripheren Nervensystems.“ Aber nicht alle Axone werden von den Schwannzellen umhüllt. Wie wird dieser Vorgang gesteuert?

„Zu Beginn ihrer Entwicklung im Embryo sind die Axone in Bündeln als Fortsatz einer Nervenzelle zusammengefaßt und von einer Schwannzelle umhüllt“, erläutert Dr. Grigoryan. „Zur Zeit der Geburt aber beginnt die Schwannzelle die dicken Axone aus dem Bündel auszusortieren und mit einer Myelinschicht zu umhüllen. Die dünnen Axone werden nicht aussortiert – sie bleiben gebündelt und erhalten auch keine Myelinschicht. Diesen Vorgang nennt die Forschung „Axonale Radiale Sortierung“.

Die großen und dickeren Axone werden von den Schwannzellen in mehreren Schichten umhüllt. Dank dieser isolierenden Myelinschicht – ähnlich einem mit Plastik umhüllten Stromkabel – können diese Axone, zum Beispiel von motorischen Neuronen, sehr rasch Informationen weiterleiten. So kann man zum Beispiel ganz schnell seine Hand von einer heißen Herdplatte ziehen, weil die Axone die Information „heiß – Verbrennungsgefahr“ signalisieren.

Gesteuert wird dieser fundamentale Prozess von einem Signalpfad, den Prof. Walter Birchmeiers Labor schon seit vielen Jahren untersucht – den Wnt/beta-Catenin Signalweg. Er ist einer der bisher am besten erforschten Signalwege. Er spielt bei der Embryonalentwicklung, beim Zellwachstum (Proliferation), der Zellreifung oder Zellspezialisierung (Differenzierung) sowie bei der Steuerung von Stammzellen eine wichtige Rolle, und, wie die jüngste Arbeit aus dem MDC jetzt zeigt, auch bei der Ausbildung und Differenzierung von Axonen.

Das Forscherteam mißt seiner Entdeckung eine besondere Bedeutung bei, da eine Fehlregulation von Schwannzellen zu einer Reihe schwerer Krankheiten führen kann. Die Forscherin und ihre Kollegen hoffen, mit ihrer Entdeckung nicht nur zu einem besseren Verständnis der Schwannzellentwicklung beizutragen, sondern auch bessere Einblicke in die Entstehung von Krankheiten zu erhalten, an denen diese Zellen beteiligt sind.

*Wnt/Rspondin/β-catenin signals control axonal sorting and lineage progression in Schwann cell development

Tamara Grigoryana, Simone Steina, Jingjing Qia, Hagen Wendeb, Alistair N. Garrattc, Klaus-Armin Naved, Carmen Birchmeierb, and Walter Birchmeiera,1

aCancer Research Program and bNeuroscience Program, Max Delbrück Center for Molecular Medicine, 13125 Berlin, Germany; cCenter for Anatomy, Charité University Hospital, 10117 Berlin, Germany; and dDepartment of Neurogenetics, Max Planck Institute for Experimental Medicine, 37075 Göttingen, Germany

Kontakt:
Barbara Bachtler
Pressestelle
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
in der Helmholtz-Gemeinschaft
Robert-Rössle-Straße 10
13125 Berlin
Tel.: +49 (0) 30 94 06 – 38 96
Fax: +49 (0) 30 94 06 – 38 33
e-mail: presse@mdc-berlin.de

Media Contact

Barbara Bachtler Max-Delbrück-Centrum

Weitere Informationen:

http://www.mdc-berlin.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer