Massenaussterben brachten Knochenfischen viele neue Arten

Zur Permzeit waren die Knorpelfische besonders artenreich. In der darauffolgenden Triaszeit diversifizierten sich vor allem die Knochenfische stark. Bild: UZH

Die zu den Knochenfischen zählenden Strahlenflosser sind heute sowohl im Salz- als auch im Süsswasser mit Abstand die artenreichste Fischgruppe. Ihre spektakuläre Formenvielfalt reicht vom Aal über den Thunfisch, die Flunder und den Anglerfisch, bis hin zum Seepferdchen.

Die fast ausschliesslich marinen Knorpelfische, zu denen Haie, Rochen und Seekatzen gehören, umfassen mit rund 1’100 am zweitmeisten Arten. Warum sich die Knochenfische in verschiedenen Lebensräumen durchsetzen konnten, ist umstritten: Haben sie einen besseren Bauplan, der zu mehr ökologischen Nischen passt, als jener der Knorpelfische, oder spielen andere Ursachen eine wichtige Rolle für ihre erfolgreiche Ausbreitung?

Nun zeigen Paläontologen der Universität Zürich gemeinsam mit internationalen Forschenden, dass Klimakatastrophen in der Vergangenheit eine entscheidende Rolle für die heutige Dominanz der Strahlenflosser gespielt haben.

Knorpelfische nach Aussterbe-Ereignissen stark vermindert
Die Wissenschaftler untersuchten die Veränderungen in der Artenvielfalt der Knorpel- und Knochenfische während des Perms und der Trias vor ca. 300 bis 200 Millionen Jahren – einem Zeitabschnitt mit mehreren gravierenden Aussterbe-Ereignissen. Sie werteten dazu die weltweite wissenschaftliche Literatur zu Knochen- und Knorpelfischen der letzten 200 Jahre aus und sammelten Daten zur Diversität und Körpergrösse, wobei letztere Aufschluss gibt über die Stellung der Fische in den Nahrungsketten der Meere und der Süssgewässer.

Die Forscherinnen und Forscher zeigen anhand der ausgewerteten Daten, dass bei einem Aussterbe-Ereignis im mittleren Perm vor allem die Knorpelfische, damals noch die artenreichste Fischgruppe, stark gelitten haben. Hingegen kamen die permischen Strahlenflosser relativ ungeschoren davon. Nach einem noch grösseren Massenaussterben an der Perm-Trias-Grenze, das 96 Prozent aller Meeresorganismen auslöschte, diversifizierten sich diese Knochenfische sehr stark.

Dabei wurden im Verlauf der Trias unter den Strahlenflossern besonders die so genannten Neopterygier («Neuflössler») artenreich, die heute mit über 30'000 Arten die grösste Wirbeltiergruppe darstellen. Die Neopterygier entwickelten vor allem kleine Arten, während ursprünglichere Fische der Strahlenflosser mehrheitlich grosse Raubfische hervorbrachten. Weiter entwickelten viele Knochenfische in der Trias morphologische Spezialisierungen, z.B. des Kieferapparates, des Gebisses oder der Flossen. Damit wurden neue Arten sich fortzubewegen möglich: beispielsweise das Gleiten über der Wasseroberfläche, ähnlich wie das heute fliegende Fische tun. Ausserdem lassen sich in der Trias erstmals lebend gebärende Formen von Knochenfischen nachweisen.

Aussterbe-Ereignisse korrelieren mit Klimaveränderungen
Im Gegensatz zu den Knochenfischen erholten sich die bereits im späten Perm stark dezimierten Knorpelfische kaum. Viele Gruppen, die im Perm noch artenreich waren, verschwanden während den Aussterbe-Ereignissen des Perms und der Trias ganz oder wurden sehr selten. «Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass wiederholte Aussterbe-Ereignisse eine wichtige Rolle gespielt haben für die Herausbildung der heutigen Fischfauna», erklärt Carlo Romano, Postdoc am Paläontologischen Institut und Museum der Universität Zürich. Die meisten dieser einschneidenden Krisen stehen im Zusammenhang mit massiver vulkanischer Aktivität, globalen Klimaveränderungen und mit Meeresspiegel-Tiefstständen.

Literatur:
C. Romano, M. B. Koot, I. Kogan, A. Brayard, A. V. Minikh, W. Brinkmann, H. Bucher, J. Kriwet, Permian-Triassic Osteichthyes (bony fishes). Diversity dynamics and body size evolution. Biological Reviews, November 28, 2014. S. 1-44. doi: 10.1111/brv.12161.

Kontakt:
Dr. Carlo Romano
Paläontologisches Institut und Museum
Universität Zürich
Tel. +41 634 23 47
E-Mail: carlo.romano@pim.uzh.ch

Weitere Informationen:

http://www.mediadesk.uzh.ch

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Nathalie Huber Universität Zürich

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