Magische Enzyme

Herstellungsverfahren für Magic-Mushrooms-Wirkstoffe (c) Wiley-VCH

Kleine Pilze mit großer Wirkung: „Magic Mushrooms“ aus der Gattung Psilocybe produzieren psychoaktive Naturstoffe, die die Wahrnehmung nach Verzehr stark verändern. Inzwischen interessieren sich auch Pharmakologen für den Inhaltsstoff Psilocybin und dessen Wirkung auf das menschliche Nervensystem.

Deutsche Wissenschaftler haben jetzt vier für die Psilocybin-Biosynthese verantwortliche Enzyme identifiziert. In der Zeitschrift Angewandte Chemie beschreiben sie den Biosyntheseweg und stellen eine einfache enzymatische Syntheseroute vor, die Basis für ein biotechnologisches Herstellverfahren sein könnte.

Jahrhundertelang sahen zentralamerikanische Kulturen Psilocybe-Pilze als göttlich an und verwendeten sie für spirituelle Zwecke. In jüngerer Vergangenheit wurden sie unter der Bezeichnung Magic Mushrooms oder Zauberpilze als halluzinogen wirkende Drogen bekannt.

Vielleicht setzen sich die Pilzwirkstoffe aber bald auch als Pharmaka durch, die existenzielle Ängste von Krebspatienten, Depressionen sowie Nicotinabhängigkeiten lindern können. Die Effekte werden von Tryptaminen hervorgerufen, chemischen Abkömmlingen der Aminosäure L-Tryptophan und strukturellen Verwandten der Neurotransmitter Serotonin und Melatonin.

Psilocybin ist dabei der chemische Hauptbestandteil der Pilze und eine inaktive Vorstufe, die aber nach Verzehr rasch aktiviert wird: Durch Abspaltung einer Phosphatgruppe entsteht der eigentliche Wirkstoff Psilocin.

Obwohl die Struktur von Psilocybin bereits seit etwa 60 Jahren bekannt ist, konnte die enzymatische Grundlage seiner Biosynthese bisher nicht entschlüsselt werden. Den Forschern um Dirk Hoffmeister von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist dies nun gelungen:

Sie identifizierten die vier Enzyme, die die Aminosäure L-Tryptophan schrittweise in Psilocybin umwandeln. Durch gentechnologische Methoden stellten die Forscher die Pilz-Enzyme in Bakterien- und Schimmelpilzkulturen her und charakterisierten sie.

Auf Basis dieser Erkenntnisse konnten sie auch die Biosyntheseroute aufklären – die offenbar anders verläuft, als bisher vermutet wurde: Im ersten Schritt der Biosynthese spaltet eine ungewöhnliche Tryptophan-Decarboxylase die Carboxylgruppe der Aminosäure L-Tryptophan ab.

Eine Monooxygenase fügt dann eine Alkohol-Gruppe an, auf die anschließend eine Kinase noch eine Phosphat-Gruppe überträgt. Abschließend knüpft eine Methyl-Transferase schrittweise zwei Methylgruppen an die Aminogruppe an.

Ausgehend von 4-Hydroxy-L-Tryptophan und unter Nutzung von drei der vier Pilz-Enzyme konnten die Wissenschaftler Psilocybin auf einfache Weise in einer gemeinsamen Reaktion enzymatisch synthetisieren. Vor dem Hintergrund des neuerlichen pharmazeutischen Interesses an Psilocybin könnten diese Ergebnisse einen Grundstein für dessen biotechnologische Herstellung bilden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 37/2017

Autor: Dirk Hoffmeister, Friedrich-Schiller-Universität Jena (Germany), http://www.pharmazie.uni-jena.de/Institut/Pharmazeutische+Mikrobiologie/Prof_+Dr…

Link zum Originalbeitrag: https://doi.org/10.1002/ange.201705489

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

http://presse.angewandte.de

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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