Künstliche Metallenzyme oder die chemische Synthese von Morgen

Diese neue Methode kombiniert die Protein-Kristallographie mit der biomimetischen Chemie. Zu diesem Zweck haben sie ein künstliches Metallenzym entwickelt, das sich aus einem chemischen Katalysator und einem Protein zusammensetzt. Anschließend haben sie dieses Enzym mit Hilfe der Röntgenkristallographie an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) beobachtet.

Diese Ergebnisse ebnen den Weg für die Entwicklung von künstlichen Metallenzymen, die in der Lage sind, bei gleichzeitiger Kostensenkung Moleküle für die Industrie zu produzieren und neue Perspektiven für die grüne Chemie zu eröffnen. Die Ergebnisse wurden Online in der Zeitschrift Nature Chemistry veröffentlicht.

Viele chemische Moleküle können in zwei Formen vorkommen, die sich zueinander spiegelbildlich verhalten (Enantiomere). Meist ist nur eine der beiden Formen für die Gesundheits-, Agrar- oder Ernährungsindustrie von Interesse. Bei der chemischen Synthese werden aktuell jedoch noch beide Formen des Moleküls generiert (enantioselektive Katalyse). Zur Isolation der gewünschten Form bedarf es aufwendiger und kostspieliger Aufbereitungsprozesse.

In der Natur selbst existieren Enzyme, die die gewünschte Form direkt erzeugen können. So wurde die Idee geboren, diese Enzyme industriell zu nutzen. Das Problem ist jedoch, dass sie nur in geringer Menge in der Natur vorkommen. Die homogene chemische Katalyse [2] ermöglicht mehrere Reaktionen, aber oft mit einer geringen Stabilität der Katalysatoren und einer geringen Spezifizierung. So kamen die Forscher auf die Idee, Biologie und Chemie zu kombinieren, um künstliche Metallenzyme herzustellen.

Diese bestehen aus einem anorganischen Katalysator, der in eine inaktive Proteinstruktur eingebettet ist. Der anorganische Katalysator gibt die Art der Reaktion vor und bildet so das aktive Zentrum [3] des Enzyms. Die Proteinstruktur kontrolliert die Produktion der gewünschten Form des Produktes und die Wirksamkeit der Reaktion.

Auch wenn sich der grünen Chemie mit diesen künstlichen Metallenzymen umfangreiche neue Perspektiven eröffnen, so ist es noch ein weiter Weg bis zur industriellen Umsetzung. Zunächst gilt es, die perfekte Verbindung von Protein und Katalysator zu finden, ihre Funktionsweise zu verstehen und sie anzupassen. Mit ihrer Forschungsarbeit haben die Wissenschaftler der CEA und des CNRS eine wichtige Etappe bei der Entwicklung von Metallenzymen überschritten. Ihre Methode ermöglicht die Beobachtung der chemischen Reaktion im Aktiven Zentrum.

„Im beschriebenen Fall haben wir den Verlauf der Reaktion beobachtet, bei der der molekulare Sauerstoff aktiviert wird. Diese Reaktion ist bei zahlreichen lebensnotwendigen zellulären Prozessen zu beobachten“, so Stéphane Ménage, Forscher des CNRS im Forscherteam für bioinspirierte Redoxchemie des Forschungsinstituts für Biotechnologien und -wissenschaften (iRTSV)

Für die Studie haben die Forscher diese Reaktion nachgeahmt, indem sie einen aromatischen Zyklus in einen Eisenkomplex einbrachten und diesen Komplex anschließend in ein Protein pflanzten [4], dessen einzige Funktion der Transport von Nickel bei der Escherichia coli Bakterie [5] ist. Sie stört demzufolge nicht die chemische Reaktion der Sauerstoffaktivierung. Die Forscher haben im Anschluss dieses künstliche Metallenzym kristallisiert und die Entwicklung der Reaktion innerhalb des Kristalls mit Röttgenkristallographie beobachtet. Dieser Kristall ermöglicht die Diffusion der Substrate und der Reaktionszwischenprodukte. Das Enzym bleibt im Kristall aktiv, die Reaktion findet statt und die verschiedenen Stufen können direkt im Kristall beobachtet werden. So ist es auch möglich, das Einbringen der Sauerstoffatome in den aromatischen Zellkern zu verfolgen. Die gesamte Reaktionskette wird mit dieser chemisch-biologischen Methode sichtbar.

[1]: Labor für Protein-Kristallographie und -Kristallogenese, Institut für Strukturbiologie J.P. Ebel (CEA/CNRS/Université Joseph Fourier) – Labor für Chemie und Biologie der Metalle (Universität Joseph Fourier/CEA/CNRS), Forschungsinstitut für Biotechnologien und -wissenschaften (iRSTV).

[2] Von einer homogenen Katalyse wird gesprochen, wenn bei einer chemischen Reaktion der Katalysator und die Edukte (Reaktanten) in derselben Phase vorliegen.

[3] Als Aktives Zentrum (engl. active site) bezeichnet man in der Chemie diejenigen Stellen eines Katalysators, an denen die katalysierte Reaktion stattfindet.

[4] Es handelt sich hierbei um das Nika-Protein.

[5] Escherichia Coli ist ein Darmbakterium, das bei Säugetieren vorkommt (sehr verbreitet beim Menschen).

Quelle: „Les métalloenzymes artificielles, ou la chimie de synthèse de demain“, Pressemitteilung des CNRS – 11.10.2010, http://www2.cnrs.fr/presse/communique/1993.htm

Redakteur: Etienne Balli, etienne.balli@diplomatie.gouv.fr

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