Kompass im Vogel-Auge entschlüsselt
Schon seit einigen Jahren vermuten Forscher, dass der zugrunde liegende Mechanismus auf der Licht-Aktivierung des Photorezeptors Cryptochrom beruht. Diese Vermutung konnte die Arbeitsgruppe um die Biologen Roswitha und Wolfgang Wiltschko, Professoren an der Goethe-Universität, nur durch Experimente an lebenden Hühnern erhärten.
Vor etwa einem Jahr wiesen die Frankfurter Ornithologen Cryptochrom 1a in speziellen Zapfen-Sehzellen von Rotkehlchen und Haushühnern nach. Um sicher zu sein, dass dieses Molekül auch tatsächlich für die Orientierung im Magnetfeld verantwortlich ist, untersuchten sie nun, bei welchen Wellenlängen des Lichts es angeregt wird. Das ist nicht einfach, weil die Aktivierungskurven von Cryptochrom normalerweise an gelösten Molekülen bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt gemessen werden.
„Bei unseren Experimenten ist es uns erstmals gelungen, die Licht-Aktivierung unter natürlichen Umständen zu messen“, erläutert Roswitha Wiltschko. Das Molekül saß während der Messung in der Membran des intakten Auges eines lebenden Huhns bei dessen Körpertemperatur von 40 Grad. Die Forscher stellten fest, dass die Aktivierung bei Wellenlängen von Ultraviolett bis Grün erfolgt. Das sind genau die Wellenlängen, bei denen sich Vögel orientieren können. Dagegen aktiviert rotes Licht das Cryptochrom nicht. Das passt zu der Beobachtung, dass die Vögel bei diesem Licht, genauso wie im Dunkeln, die Orientierung verlieren. „Unsere Befunde sprechen stark dafür, daß Cryptochrom 1a wirklich das Rezeptormolekül für den Magnetkompass der Vögel ist“, folgert Roswitha Wiltschko.
Publikation: Christine Nießner, Susanne Denzau, Katrin Stapput, Margaret Ahmad, Leo Peichl, Wolfgang Wiltschko und Roswitha Wiltschko: Magnetoreception: activated cryptochrome 1a concurs with magnetic orientation in birds. Journal of the Royal Society Interface, http://dx.doi.org/10.1098/rsif.2013.0638
Informationen: Prof. Roswitha Wiltschko, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-42107; wiltschko@bio.uni-frankfurt.de
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