Kölner Forscher beobachten erstmalig lebende Geißeltierchen in mehr als 5000 Meter Wassertiefe

Meere bedecken mehr als die Hälfte unseres Planeten. Dennoch sind unsere Kenntnisse über die Ökologie dieses bei weitem größten Lebensraumes der Erde noch sehr gering. In einer Meerestiefe von mehr als fünf Kilometern konnten in den Tiefseebecken des Mittelatlantiks erstmals lebende Geißeltierchen beobachtet werden.

Geißeltierchen sind die kleinsten bekannten Tiere. Ein Kölner Team von Forschern und Forscherinnen mit Professor Dr. Hartmut Arndt, Dr. Alexandra Jeuck, Alexandra Schönle und Dennis Prausse vom Zoologischen Institut der Universität zu Köln nahm an der ersten großen Expedition des modernsten Forschungsschiffs der Welt, der „Sonne“ teil.

Während der vom Bund geförderten sechswöchigen Tiefseeexpedition untersuchten verschiedene meereswissenschaftliche Arbeitsgruppen die Tiefseefauna und -geologie östlich und westlich des Mittelatlantischen Rückens.

Viele der dabei gefangenen Tierarten wurden noch nie von Menschen erblickt. Der größte Teil der gefundenen Organismen ist dabei so klein, dass sie nur unter dem Mikroskop identifiziert werden können. Die Kölner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren erstmals in der Geschichte der Tiefseeforschung in der Lage, winzigen Organismen, die von dem 5500 Meter tiefen Tiefseeboden geholt wurden, direkt auf dem neuen Forschungsschiff zu untersuchen.

Mehr als 30 Geißeltierchen konnten in jedem Kubikzentimeter Tiefseesediment lebend geborgen werden. Diese Geißeltierchen interessieren die Kölner Zoologen besonders auch wegen ihrer großen Anpassungsfähigkeit.

Die fast ausschließlich aus Wasser bestehenden Einzeller können nicht nur den in der Tiefe von 5500 Metern herrschenden Druck von etwa 550 Atmosphären aushalten (250 Mal mehr als in einem Autoreifen), sondern sie sind auch in der Lage, innerhalb von wenigen Minuten aus Ruhestadien zu schlüpfen und sich bei Nahrungsmangel sofort wieder in solche Stadien zurückzuziehen. Dadurch können sie sich den sehr stark variierenden Nahrungsbedingungen der Tiefsee anzupassen.

Dieses Phänomen hat eine große Bedeutung für die Tiefseeökologie. Durch die erstaunlich hohen Häufigkeiten, die jetzt entdeckt werden konnten, wurde die entscheidende Bedeutung der Geißeltierchen für den Kohlenstoffhaushalt in der Tiefe erstmals konkret nachgewiesen.

Der größte „Schatz“ wurde am vergangenen Wochenende gehoben. Erstmals konnten diese Protisten auch in einer Tiefe über 8350 Meter Wassertiefe nachgewiesen werden, als die Zoologen zusammen mit ihren Hamburger Kollegen Probenkerne im Puerto-Rico-Graben an Bord des neuen Forschungsschiffes hieven konnten.

Bei Rückfragen: Prof. Dr. Hartmut Arndt
Zoologisches Institut,
Allgemeine Ökologie und Limnologie,
Universität zu Köln
Tel.: 0221 470-3100 oder – 5666
E-Mail: Hartmut.Arndt@uni-koeln.de

Media Contact

Gabriele Rutzen idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-koeln.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

KI-basierte Software in der Mammographie

Eine neue Software unterstützt Medizinerinnen und Mediziner, Brustkrebs im frühen Stadium zu entdecken. // Die KI-basierte Mammographie steht allen Patientinnen zur Verfügung und erhöht ihre Überlebenschance. Am Universitätsklinikum Carl Gustav…

Mit integriertem Licht zu den Computern der Zukunft

Während Computerchips Jahr für Jahr kleiner und schneller werden, bleibt bisher eine Herausforderung ungelöst: Das Zusammenbringen von Elektronik und Photonik auf einem einzigen Chip. Zwar gibt es Bauteile wie MikroLEDs…

Antibiotika: Gleicher Angriffspunkt – unterschiedliche Wirkung

Neue antimikrobielle Strategien sind dringend erforderlich, um Krankheitserreger einzudämmen. Das gilt insbesondere für Gram-negative Bakterien, die durch eine dicke zweite Membran vor dem Angriff von Antibiotika geschützt sind. Mikrobiologinnen und…

Partner & Förderer