Kampf gegen Keime aus dem Schweinestall

Obwohl schon seit langem bekannt ist, dass auch Tiere den MRSA-Erreger in und auf sich tragen und daran erkranken können, galten bisher der Mensch und seine unmittelbare Umgebung als Hauptreservoir.

Jüngste Untersuchungen weisen nun jedoch darauf hin, dass in Nutztieren kursierende MRSA, sogenannte „La-MRSA“ („Livestock-associated“ MRSA), auch auf den Menschen übertragen werden und dort Infektionen auslösen können. Diese Beobachtung ist von großer Bedeutung, da Forscher MRSA mittlerweile in 70 Prozent der Schweine-haltenden Betriebe in Deutschland nachgewiesen haben. Der neue bundesweite Forschungsverbund „MedVetStaph“ untersucht jetzt die Übertragung der MRSA von Tieren auf Menschen.

Das Bundesforschungsministerium fördert das Projekt mit insgesamt 2,5 Millionen Euro. 250.000 Euro davon gehen an die Universität des Saarlandes: Privatdozent Dr. Markus Bischoff und Professor Mathias Herrmann vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene am Universitätsklinikum in Homburg sind mit ihrem Team an diesem Forschungsverbund beteiligt.

Die meisten bakteriell verursachten Infektionen können in der Regel mit Antibiotika wirksam bekämpft werden. Der verstärkte und vielfach unsachgemäße Gebrauch dieser Medikamentenklasse hat jedoch dazu geführt, dass mittlerweile eine Reihe bakterieller Infektionserreger in unserer Gesellschaft kursieren, die gegen verschiedene Antibiotika resistent sind und daher nur noch schwer bis gar nicht therapiert werden können. Einer dieser Erreger sind die Methicillin-resistenten Varianten des Bakteriums Staphylococcus aureus (MRSA). Als Teil der Normalflora des Menschen sind S. aureus und dessen Methicillin-resistente Varianten für den Gesunden in der Regel ungefährlich. Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem können die Bakterien jedoch schwere Infektionen auslösen. Bisher traten MRSA-Infektionen vor allem in Krankenhäusern auf. In den vergangenen Jahren wurden MRSA immer häufiger auch bei Nutztieren wie Schweinen, Rindern und Geflügel nachgewiesen, die diesen Erreger zum Teil wiederum auf den Menschen übertragen können.

„Wir wollen nun herausfinden, wie und warum einzelne La-MRSA diese Spezies-Barriere überwinden können“, erklärt Dr. Markus Bischoff vom Homburger Uniklinikum. Er ist am Forschungsverbund „MedVetStaph“ beteiligt, der in den kommenden drei Jahren vom Bundesministerium für Forschung mit 2,5 Millionen Euro gefördert wird. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Universitäten Münster und Würzburg, der Freien Universität Berlin, des Robert-Koch-Instituts, des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Friedrich-Loeffler-Instituts erforscht er, wie breit La-MRSA in Landwirtschaft und Gesellschaft verbreitet sind und welche Eigenschaften der Erreger haben muss, um erfolgreich vom Tier auf den Menschen überspringen zu können.

Der Fokus der Homburger Forschungsgruppe richtet sich dabei auf die Identifikation und Analyse bakterieller Mechanismen, die für die Übertragung von La-MRSA auf den Menschen von Bedeutung sind. „Unser Augenmerk richtet sich hierbei insbesondere auf die Aspekte ‚Adhäsion’ als erster Schritt einer erfolgreichen Besiedlung des Menschen sowie ‚Phagozytose’ als frühes und bedeutendes Element der Immunabwehr des Menschen“, erklärt Markus Bischoff. Phagozyten sind die so genannten „Fresszellen“ des Immunsystems, die in den Organismus eingedrungene Fremdkörper erkennen, aufnehmen und abbauen können. Weitere Ziele der Homburger Forschergruppe sind Genom-weite Transkriptionsanalysen der Bakterien während der Ansiedlung beziehungsweise Infektion beim Menschen. So wollen sie herausfinden, wann und welche Virulenzfaktoren des Bakteriums während der frühen Phasen einer Infektion produziert werden.

„Wir hoffen, mit unseren Untersuchungen wertvolle Informationen über das Risikopotenzial dieses Erregertyps zu liefern, die für Behandlungsstrategien sowohl im Veterinär- als auch im Humanbereich von Bedeutung sind“, erklärt Markus Bischoff. Über die Transkriptionsanalysen identifizierte Virulenzdeterminanten von La-MRSA stellen zudem potenzielle Zielmoleküle für die Impfstoff- und/oder Antibiotika-Entwicklung dar, die für die entsprechenden Industriepartner von großem Interesse sein können. Eine solche Entwicklung hätte auch Einfluss auf die Wirtschaft, denn MRSA-Infektionen belasten die europäischen Gesundheitssysteme derzeit mit jährlichen Zusatzkosten im dreistelligen Millionenbereich.

Diese Untersuchungen sind eingebettet in weitere Forschungs- und Netzwerk-Projekte des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, die sich einerseits mit der regionalen Bedeutung und Prävention von MRSA im Saarland befassen (MRSAarNetz, gefördert vom Saarland und dem Bundesministerium für Gesundheit) sowie mit mehreren, von der DFG und dem BMBF geförderten Projekten zur Staphylokokkenforschung (unter anderem im Rahmen der DFG-Afrika-Initiative).

Kontakt:
PD Dr. Markus Bischoff
Tel.: 06841/16-23963
E-Mail: markus.bischoff@uks.eu

Media Contact

Irina Urig Universität des Saarlandes

Weitere Informationen:

http://www.uni-saarland.de

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