Infektiöse WG auf Fleisch: Wie ein Lebensmittelkeim dank eines anderen länger lebt

Eine aktuelle Studie von Wissenschaftern der Vetmeduni Vienna hat gezeigt, warum der Keim auf der Oberfläche von Fleisch länger überlebt, als es das sauerstoffreiche Milieu zulassen dürfte – und zwar dank der Gegenwart von Bakterien aus der Gattung Pseudomonas.

So mancher Urlaub wird durch Lebensmittelvergiftungen im wahrsten Sinne des Wortes verdorben, häufig verursacht durch das Bakterium Campylobacter jejuni. Obwohl Campylobacter-Infektionen selten lebensbedrohlich verlaufen, schwächen sie die Erkrankten sehr; darüberhinaus wurden sie in Zusammenhang gebracht mit der Entwicklung des Guillain-Barré-Syndroms, einer der weltweit wichtigsten Ursachen von nicht traumainduzierten Lähmungen.

Campylobacter jejuni ist ausgezeichnet an das Leben im Darm von Tieren – und Menschen – und das sauerstoffarme Milieu dort angepasst. Das Bakterium wird häufig im Geflügeldarm nachgewiesen, wo es aber offensichtlich zu keinen Symptomen führt. Am häufigsten führt kontaminiertes Geflügelfleisch zur Erkrankung des Menschen – überraschend, da Fleisch in sauerstoffreicher Atmosphäre gelagert wird. Warum diese Bakterien nicht nur im Darm, sondern auch an der Luft so lange überleben, dieses Rätsel haben Wissenschafter um ao.Univ.Prof. Dr. Friederike Hilbert an der Vetmeduni Vienna nun gelöst: Campylobacter jejuni hat Partner, und zwar Bakterien aus der Gattung Pseudomonas.

Mehr als doppelt so lange lebensfähig

Die Oberfläche von Fleisch beherbert eine Menge Bakterien, die – glücklicherweise – für den Menschen kaum gefährlich sind. Es scheint möglich, dass die Arten untereinander interagieren und daher nahm Hilbert an, dass solche Interaktionen Bakterien wie Campylobacter jejuni helfen könnten, unter feindlichen, sauerstoffreichen Bedingungen zu überleben. Sie testete daher das Überleben von Campylobacter jejuni in der Gegenwart verschiedener Bakterien, die auf Fleisch zu finden sind. Und tatsächlich: Wenn Campylobacter alleine oder gemeinsam mit Bakterien wie Proteus mirabilis oder Enterococcus faecalis bebrütet wurde, dann überlebte Campylobacter nicht länger als 18 Stunden. Wurden jedoch Pseudomonas und Campylobacter vergesellschaftet, dann überlebte Campylobacter wesentlich länger, in manchen Fällen mehr als 48 Stunden, was für Infektionen durchaus ausreichend ist.

Campylobacter verschiedener Herkunft, wie zum Beispiel humane Isolate oder Isolate aus Lebensmitteln, konnten diese Fähigkeit unterschiedlich nutzen, aber alle überlebten signifikant länger in der Gegenwart von Pseudomonas. Campylobacterzellen passen sich dem Sauerstoff an, indem sie ihre Form verändern; wenn sie allerdings gemeinsam mit Pseudomonaden kultiviert wurden, behielten sie ihr Aussehen. Ob auch Pseudomonas von dieser Partnerschaft profitiert, ist noch zu klären.

Aufschlüsse für eine verbesserte Lebenmittelkontrolle

Hilberts Ergebnisse zeigen, dass die Gegenwart von Pseudomonas-Bakterien für ein längeres Überleben der krankheitsverursachenden Campylobacter-Bakterien auf der Fleischoberfläche verantwortlich ist.

Insofern haben die Ergebnisse Bedeutung für die Fleischproduktion, besonders Geflügelfleisch, das für den menschlichen Konsum bestimmt ist. Wie Hilbert sagt: „Auf Basis dieser Studie sollte es möglich sein, neue Strategien zu entwickeln, um den Campylobacter-Befall auf Geflügelfleisch zu limitieren und somit das Auftreten von Lebensmittelvergiftungen deutlich zu reduzieren.“

Zur Publikation

„Survival of Campylobacter jejuni under Conditions of Atmospheric Oxygen Tension with the Support of Pseudomonas spp.“ von Friederike Hilbert, Manuela Scherwitzel, Peter Paulsen und Michael P. Szostak wurde in Applied and Environmental Microbiology (Vol. 76, 5911-5917) veröffentlicht. Die Studie wurde teilweise finanziert durch die Europäische Kommission über ein Projekt aus dem 6. Rahmenprogramm, mit dem Titel PoultryFlorGut (FOOD-CT-2005-007076).

Kontakt
ao.Univ.Prof. Dr. Friederike Hilbert,
friederike.hilbert@vetmeduni.ac.at, +43 1 25077-3316

Media Contact

Beate Zöchmeister idw

Weitere Informationen:

http://www.vetmeduni.ac.at/

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