Im Reich des Planktons – Vielfalt im Meer weitaus größer als bisher bekannt

An Bord der TARA: Dr. Raphael Morard vom MARUM bearbeitet Meerwasser-Proben. Foto: Andres Peyrot

Ziel der TARA-Expedition war eine Bestandsaufnahme der im obersten, lichtdurchfluteten Ozeanstockwerk driftenden Organismen. Dieses Plankton, zu denen winzigste Viren, Einzeller, aber auch Fischlarven zählen, bildet nicht nur die Grundlage des ozeanischen Nahrungsnetzes; es produziert auch 50% des atmosphärischen Sauerstoffs. Zudem binden die im Meer treibenden Mikroorganismen Kohlenstoff und beeinflussen so den globalen Kohlenstoffkreislauf und damit das Klimageschehen.

Laut den in Science publizierten Studien erbrachten die Analysen der während der TARA-Expeditionen gesammelten Organismen rund 40 Millionen Gene; die meisten davon waren der Wissenschaft vorher nicht bekannt. Sie liefern Hinweise, dass die genetische Vielfalt des Planktons im Meer weitaus größer ist als bislang angenommen.

Im Fokus der Studie, an denen auch zwei MARUM-Wissenschaftler beteiligt waren, standen sogenannte Eukaryoten. Das sind einzellige Lebewesen, deren Zellen mit einem Zellkern ausgestattet sind. Dazu zählen zum Beispiel die meisten Mikroalgen. Die Untersuchungen lieferten erstmals einen Überblick zur Vielfalt dieser Organismen über das gesamte Artenspektrum.

Insgesamt untersuchte das internationale Forscherteam mit Hilfe molekularbiologischer Methoden 334 Proben, die auf insgesamt 47 ozeanischen Messstationen gesammelt worden waren. Die Proben enthielten Mikroorganismen, die zwischen mehreren und weniger als einem Tausendstel Millimeter klein waren.

Anhand der Proben gewannen die Meeresforscher rund 766 Millionen DNA-Sequenzen. Diese molekularbiologischen Untersuchungen deuten darauf hin, dass in der obersten Ozeanschicht etwa 150.000 Arten vorkommen – zehnmal mehr als bislang in der Literatur beschrieben. Ein Drittel der Sequenzen konnten die Forscher keiner der bisher bekannten eukaryotischen Organismengruppen zuordnen.

Den Untersuchungen zufolge erwiesen sich solche Organismengruppen als besonders vielfältig, in denen symbiotische Lebensformen vorherrschen; d.h. in denen sich unterschiedliche Arten zum gemeinsamen Vorteil vergesellschaften. Ein ähnliches Muster ergibt sich für eine andere Form des Zusammenlebens. Nach den jetzt in Science vorgestellten Erkenntnissen scheint auch Parasitismus in den Weltmeeren stark verbreitet zu sein. So gesehen zeigt sich, dass Wechselwirkungen zwischen Organismen für die Artenvielfalt im Meer bedeutsamer sind als bislang bekannt.

Originalstudie:
Colomban de Vargas et al.: Eukaryotic plankton diversity in the sunlit ocean;
in: Science 22 May 2015; Vol. 348 no. 6237; DOI: 10.1126/science.1261605

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