Heidelberger Forscher klären Verteilung von Ionen an Bakterienoberflächen auf

Neue Forschungsergebnisse zu Ionen an Bakterienoberflächen haben Physiker der Universität Heidelberg vorgelegt. Die Wissenschaftler am Institut für Physikalische Chemie konnten die Ionen-Menge und ihre Verteilung an einer Oberfläche aus bakteriellen Membranlipiden bestimmen.

Damit gelang ihnen ein erster Schritt, um künftig systematisch den Einfluss von Ionen auf die Wechselwirkung von Bakterien mit verschiedenen Biomolekülen zu untersuchen. Ein detailliertes Verständnis der Rolle solcher Ionen ist wichtig für die Medizin, etwa für die Entwicklung von Antibiotika auf der Basis von kleinen Molekülen, sogenannten Peptiden. Die Ergebnisse der Arbeiten wurden in der Wissenschaftszeitschrift PNAS veröffentlicht.

Die Wechselwirkungen von Bakterien mit verschiedenen Biomolekülen werden schon länger intensiv erforscht. So können beispielsweise antimikrobielle Peptide Bakterien abtöten, wobei aber die Anwesenheit bestimmter Ionen wie etwa Kalzium die Bakterien vor diesem Angriff schützt. Wegen der elektrischen Ladung, die die meisten Bakterien auf ihrer Oberfläche tragen, spielt die Elektrostatik bei dieser wechselseitigen Beeinflussung eine entscheidende Rolle. Da im Wasser gelöste Ionen die elektrostatischen Kräfte teilweise abschirmen, kommt den Wechselwirkungen zwischen Bakterienoberflächen und Ionen eine große Bedeutung zu.

Die Physik-Doktoranden Emanuel Schneck und Thomas Schubert konnten zusammen mit ihrem wissenschaftlichen Betreuer Prof. Dr. Motomu Tanaka präzise die Menge und Verteilung verschiedener Ionensorten bestimmen. Dies gelang ihnen mit Röntgenfluoreszenzmessungen an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESFR in Grenoble unter Mitwirkung von Dr. Oleg Konovalov. Die Forscher beleuchteten eine Schicht bakterieller Membranlipide, sogenannter Lipopolysaccharide, an einer Wasseroberfläche mit einem Röntgenstrahl bei kleinen Einfallswinkeln. So wurden zunächst nur die Ionen nahe der Oberfläche zum Aussenden von Fluoreszenz, der Emission von charakteristischer elektromagnetischer Strahlung, angeregt. Mit steigendem Einfallswinkel vergrößerte sich der Bereich, in dem die Fluoreszenzanregung stattfand. Aus der Winkelabhängigkeit der Fluoreszenzintensität konnten die Wissenschaftler die Verteilung der Ionen genau rekonstruieren.

Die Ergebnisse stimmten quantitativ mit den Computersimulationen der kanadischen Wissenschaftler Prof. Dr. David Pink und Bonnie Quinn an der St. Francis Xavier University in Antigonish überein. An den Forschungsarbeiten waren auch Prof. Dr. Thomas Gutsmann und Prof. Dr. Klaus Brandenburg am Forschungszentrum Borstel, dem Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaften, beteiligt. Sie haben die Lipopolysaccharide als Modellsystem in einem speziellen Verfahren für die Untersuchungen vorbereitet.

Informationen sind im Internet unter
http://www.pci.uni-heidelberg.de/bpc2/index.html
abrufbar.
Originalveröffentlichung:
E. Schneck, T. Schubert, O. Konovalov, B. Quinn, T. Gutsmann, K. Brandenburg, R. Oliveira, D. Pink, M. Tanaka: Quantitative determination of ion distributions in bacterial lipopolysaccharide membranes by grazing-incidence X-ray fluorescence. PNAS 2010, 107 (20), 9147-9151, doi: 10.1073/pnas.0913730107
Kontakt:
Emanuel Schneck / Thomas Schubert
Institut für Physikalische Chemie, Telefon (06221) 54-4916
schneck@uni-heidelberg.de / thomas.schubert@uni-heidelberg.de
Kommunikation und Marketing
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