Handeln tut not: Invasiver Pilz tötet die europäischen Salamander

Ein erkrankter Salamander Frank Pasmans

Die Situation ist alarmierend: In den Niederlanden, in Belgien und in Deutschland hat der invasive, asiatische Pilz in letzter Zeit zu einem Massensterben der Feuersalamander geführt. Nur kleine Bestände des schwarz-gelben Amphibiums überlebten die Invasion durch Batrachochytrium salamandrivorans – den «Salamanderfresser».

Der aggressive Pilz, der vermutlich über den Handel mit Amphibien nach Europa gelangte, befällt die Haut der Tiere, es bilden sich Hautnekrosen, es folgt der Tod.

Die Sterberate ist extrem hoch, wie Forschende um Benedikt Schmidt, Forschungsgruppenleiter am Institut für Evolutionsbiologie und Umweltwissenschaften der Universität Zürich und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz mit ihrer Studie belegen:

«Unsere Fang-Wiederfang-Daten zeigen, dass nur 13 Prozent der erkrankten Salamander einen 10-Tage-Intervall überleben», so Schmidt. Damit nicht genug: «Die Zahlen zeigen ebenfalls, dass sich im selben Zeitraum ein Drittel der gesunden Salamander mit der Pilzkrankheit anstecken.» So überrascht es laut An Martel, Leiterin der Studie und Professorin an der Universität Gent in Belgien, nicht, dass eine befallene Population innert weniger Wochen um mehr als 90 Prozent geschrumpft und dann erloschen ist.

Dieser Pilz ist der «perfekte» Feind

In der Schweiz wurde der aggressive Pilz aus Asien bisher nicht nachgewiesen. «Es muss alles daran gesetzt werden, dass dies so bleibt und sich die Krankheit nicht weiter ausbreitet», mahnt Biologe Schmidt. Denn ist der «Salamanderfresser» einmal da, machen ihn seine epidemiologischen Eigenschaften zum «perfekten» Pathogen, zum tödlichen Feind:

Infektionsexperimente zeigen, dass Salamander keine Resistenz gegen den Krankheitserreger aufbauen können. Zudem reicht bereits der Kontakt mit wenigen Pilzsporen für eine Ansteckung, die auch immer tödlich endet. Der Pilz verfügt ausserdem über resistente Sporen, die sehr witterungsbeständig sind und lange in der Umwelt überdauern können.

Andere Amphibienarten wie etwa der Bergmolch reagieren weniger empfindlich auf Batrachochytrium salamandrivorans; doch was Glück für den Bergmolch ist, birgt eine weitere Gefahr: «Robustere Arten können als Reservoire wirken», erklärt Benedikt Schmidt.

So bleibt der Pilz erhalten, auch wenn empfindliche Tiere wie der Feuersalamander schon lange weggestorben sind. Alle diese Faktoren machen es gemäss Schmidt nahezu unmöglich, eine Salamander-Population im natürlichen Umfeld zu retten, wenn sie einmal befallen ist. «Auch eine Wiederansiedlung wäre wenig erfolgsversprechend, da die Sporen lange in der Natur überdauern können.»

Forschung und Importstopp als Massnahmen

Breitet sich der Pilz in Europa weiter aus, wird er zu einer grossen Gefahr für die Diversität der europäischen Salamander; viele von ihnen sind bereits jetzt gefährdet und stehen in vielen Ländern auf der roten Liste. Da die Pilzkrankheit erst auf ein kleines Gebiet beschränkt ist, versucht man, ihre weitere Ausbreitung zu verhindern: Die Europäische Union hat ein Forschungsprojekt lanciert, um rasch wissenschaftliche Grundlagen für die Bekämpfung des «Salamanderfressers» zu schaffen.

Exotische Salamander und Molche werden oft als Haustiere gehalten und in grosser Zahl eingeführt: Zwischen 2001 und 2009 wurden zum Beispiel über zwei Millionen Feuerbauchmolche, die Träger der Pilzkrankheit sein können, in die USA transportiert. Deshalb hat die Schweiz, wie die USA, im Jahr 2015 präventiv den Import von Salamandern und Molchen verboten. «Im Falle von invasiven Krankheiten ist dies eine unumgängliche Massnahme», befürwortet Schmidt das Vorgehen, «auch wenn Handelseinschränkungen unpopulär sind.»

Literatur:

G. Stegen, F. Pasmans, B.R. Schmidt, L.O. Rouffaer, S. Van Praet, M. Schaub, S. Canessa, A. Laudelout, T. Kinet, C. Adriaensen, F. Haesebrouck, W. Bert, F. Bossuyt, A. Martel: Drivers of Batrachochytrium salamandrivorans mediated salamander extirpation. Nature. April 19, 2017. DOI: 10.1038/nature22059

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Nathalie Huber Universität Zürich

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