Größte Blume der Welt öffnet sich in Kürze im Jenaer Max-Planck-Institut für chemische Ökologie

Blüte eines Titanenwurz <br>W. Barthlott, Botanischer Garten, Bonn <br>

Die Pflanze, deren natürliches Vorkommen sich auf Urwälder der indonesischen Insel Sumatra beschränkt, ist sehr selten in der Kultur und blüht zum ersten Mal überhaupt in Thüringen: im Forschungsgewächshaus des Max-Planck-Institutes für chemische Ökologie in Jena. Die Pflanze blüht maximal 24 Stunden. Eine Information zum Blütenzeitpunkt wird kurzfristig, spätestens am Tag der Blüte, per E-mail an unseren Presseverteiler erfolgen. Dies wird voraussichtlich in den nächsten Tagen der Fall sein.

Der Blütenstand des Titanenwurzes stellt im blütenbiologischen Sinne eine Blume dar: Kleine stark reduzierte Einzelblüten sitzen im unteren Bereich der Blütenstandsachse und werden von einem riesigen trichterförmigen Hochblatt umgeben. Über dem Hochblatt thront der sterile konusförmige Teil der Blütenachse – die Keule. Zu Zeit der Blüte, die höchstens einen Tag dauert, heizt sich die Keule stark auf und gibt einen übel riechenden Aasgeruch ab, weshalb der Titanenwurz auch Riesenstinkwurz genannt wird.

Die Pflanze blüht im blattlosen Zustand. Erst nach der Blüte entfaltet sich aus der unterirdischen Knolle, die über 100 kg wiegen kann, ein einziges Blatt. Der Stiel dieses Blattes ähnelt eher dem Stamm einer kleinen Palme, das Blatt selbst ist im oberen Bereich mehrfach gefiedert. Ein Blatt kann eine Höhe von bis zu sechs Metern erreichen, grünt je nach Alter und Kulturbedingungen 9 bis 24 Monate und zieht dann wieder ein. Nach einer Ruhepause treibt ein neues Blatt. Die alte Knolle wird im Laufe einer Vegetationsperiode durch eine neue ersetzt.

Die riesigen Organe der Pflanze vergrößern sich im Laufe von aufeinander folgenden Generationen von Blättern und Knollen. Erst wenn eine Knolle genügend Reserven gespeichert hat, kommt es zur Blüte. Die größten bislang bekannten Blumen erreichten eine Größe von mehr als zweieinhalb Metern. Durch ihre Farbe und den unangenehmen Geruch, für den eine Reihe von schwefelhaltigen Verbindungen und Aminen verantwortlich ist, imitiert die Pflanze einen Tierkadaver. Auf diese Weise werden im natürlichen Lebensraum des Titanenwurzes kleine nachtaktive Aaskäfer und auch Bienen als Bestäuber angelockt. Die Tiere kriechen in die Blume, bestäuben die Blüten und legen Eier am Grunde der Blume ab. Ihre geschlüpften Larven sind allerdings zum Hungertod verurteilt, weil die Pflanze keine geeigneten Bedingungen für ihre Entwicklung bietet. Die Früchte des Titanenwurzes sind zweisamige rote Beeren, die wahrscheinlich in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet auf Sumatra von Nashornvögeln verbreitet werden.

Ein Forschungsprojekt der Abteilung Evolutionäre Neuroethologie des Max-Planck-Institutes für chemische Ökologie beschäftigt sich mit einer verwandten Gattung der Familie der Aronstabgewächse – der Gattung Arum. Im Mittelpunkt des Interesses steht die Evolution der faszinierenden Bestäubungsmechanismen dieser Gattung, deren verschiedene Blütenduftnoten von Urin oder Kot, über süße Weinaromen bis hin zu Düften reichen, die möglicherweise ähnlich den Sexuallockstoffen bestimmter Insekten sind, die vom Menschen gar nicht wahrgenommen werden können und deshalb geruchslos erscheinen. Eine wichtige Grundlage für diese Untersuchungen lieferte die in diesem Jahr von der Forschungsgruppe um Bill Hansson und Marcus Stensmyr erstmals aufgestellte veröffentlichte molekulare Phylogenie (Evolutionsgeschichte) aller Arten aus der Gattung Arum.

Der Titanenwurz im Forschungsgewächshaus des Institutes wurde aus Samen gezogen, die im Jahr 2003 im Palmengarten Frankfurt am Main gesammelt wurden. Die Knolle dieser Pflanze erreichte Ende Februar 2007 ein Gewicht von 13,3 kg, bei einem Durchmesser von 35 cm, und im August 2009 ein Gewicht von 24,9 kg, bei einem Knollenumfang von 136 cm. Die Pflanze befindet sich im sechsten Vegetationszyklus nach der Aussaat und blüht nun zum ersten Mal. Sie kann am Tag der Blüte, der noch bekannt gegeben wird, am Ende der Feuerwehrzufahrt zum Gewächshaus im Freien bewundert werden. [TK, AO]

Eine Information zum Blütenzeitpunkt wird kurzfristig, spätestens am Tag der Blüte, per E-mail an unseren Presseverteiler erfolgen. Dies wird voraussichtlich in den nächsten Tagen der Fall sein.

Literatur:
Linz, J., Stökl, J., Urru, I., Krügel, T., Stensmyr, M. C., Hansson, B. S. (2010). Molecular phylogeny of the genus Arum (Araceae) inferred from multi-locus sequence data and AFLPs. Taxon, 59(2), 405-415.
Weitere Informationen
Dr. Tamara Krügel, MPI für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str. 8, 07743 Jena, Tel.: 03641 57-1900, kruegel@ice.mpg.de
Bildmaterial:
Angela Overmeyer M.A., MPI für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str. 8, 07743 Jena, Tel.: 03641 57-2110, overmeyer@ice.mpg.de

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Dr. Jan-Wolfhard Kellmann Max-Planck-Institut

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