Goethe-Uni erhält weltweit erstes 950 Megahertz Spektrometer

Seitdem das Zentrum für Biomolekulare Magnetische Resonanz (BMRZ) an der Goethe-Universität zwei neue Großgeräte im Wert von insgesamt etwa 10 Millionen Euro erhalten hat, verzeichnet es einen noch regeren Zulauf an Gastwissenschaftlern als zuvor.

Im Rahmen des EU-NMR Netzwerkes buchen Forscher zunehmend Messzeiten in Frankfurt, um Fragen zu beantworten, die sie mit den Geräten in ihren eigenen Laboratorien nicht lösen können. Das 950 Megahertz NMR-Spektrometer für die Aufklärung von Struktur und Dynamik von Biomakromolekülen wie Proteinen und RNA in flüssiger Umgebung ist das weltweit erste von der Firma Bruker ausgelieferte Gerät.

Das Besondere daran ist die Stärke seines Magnetfeldes, das millionenfach stärker ist als das Magnetfeld der Erde. Als Faustregel gilt: Je stärker das Feld, desto größer die Moleküle, die man damit untersuchen kann. Gleiches gilt für das neue 850 Megahertz NMR-Spektrometer zur Untersuchung fester Proteine, wie sie in Zellmembranen vorliegen. Dieses von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierte Gerät gehört zu den leistungsfähigsten NMR Spektrometern weltweit und wird von mehreren deutschen Universitäten genutzt werden. Das 950 Megahertz Geräte konnte dank einer Mischfinanzierung aus Mitteln des Landes Hessen, der Europäischen Union und des Bundes erworben werden.

Das Magnetfeld dient in der NMR-Spektroskopie dazu, die Kernspins der zahlreichen Wasserstoff-Atome in Biomolekülen gleich winzigen Magnetnadeln auszurichten. Stört man diese Ordnung durch langwellige Radiostrahlen einer bestimmten (Resonanz-)Frequenz, „klappen“ die Kernspins kurzzeitig in eine andere, quantenmechanisch erlaubte Richtung um. Von den benachbarten Atomen im Molekül hängt es ab, wie schnell die Spins sich „erholen“ und unter Aussendung eines „Echos“ der eingestrahlten Radiowellen in den Ausgangszustand zurückkehren. Je größer das Molekül ist, desto mehr Signale sendet es aus, teilweise überlagern sich diese. Verstärkt man aber das Magnetfeld, verbessert sich die nicht nur die Auflösung, sondern auch das Signal-zu-Rausch-Verhältnis.

Seitdem das 850 MHz Hochfeld-Festkörper-NMR Spektrometer im Labor von Prof. Clemens Glaubitz steht, ist seine Arbeitsgruppe um drei Gastwissenschaftler angewachsen. Als Stipendiat der Alexander-von-Humboldt-Stiftung kam der Physiker Dr. Jun Yang vom Institut für Physik und Mathematik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Wuhan. Sein Hauptinteresse gilt der dreidimensionalen Struktur von Proteorhodpsin, einer bakteriellen, lichtgetriebenen Protonenepumpe, die möglicherweise für den Energiehaushalt der Ozeane eine große Rolle spielt.

Die hervorragende Ausstattung hat auch die Chemikerin Dr. Andrea Lakatos von der Universität Szeged, Ungarn, bewogen, im Rahmen des Marie-Curie-Programms der EU im Labor von Glaubitz zu arbeiten. Ihr Forschungsgebiet sind Proteine, die eine wichtige Rolle beim Mechanismus der Antibiotika-Resistenz spielen. Ebenfalls gefördert durch Mittel der EU im Rahmen eines internationalen Programms zur Erforschung der Protein-Membraninteraktion hat die Biochemikerin Dr. Lubica Aslimovska von der Universität Oxford kürzlich ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Aufgabe ist es, die Empfindlichkeit vorhandener NMR-Spektrometer zu verbessern.

Das 950 Megahertz Spektrometer wird insbesondere dazu eingesetzt, größere Biomakromoleküle und deren Komplexe zu untersuchen. Hierzu gehören zum Beispiel Strukturuntersuchungen an Membranproteinen in Lösung wie dem Rhodopsin, einem Schlüsselprotein für das Sehen im Auge. Die Untersuchung von Protein-Protein, Protein-Ligand und Protein-RNA Wechselwirkungen stellt einen weiteren Forschungsbereich dar. Hier ermöglicht der Einsatz des 950 Megahertz Spektrometers beispielsweise neue Einsichten in die Komplexe von Kinasen mit ihren Liganden. Einen weiteren Schwerpunkt stellen kinetische Untersuchungen dar. Die Forscher können zeitaufgelöst beobachten wie sich die Struktur einer RNA nach der Zugabe eines Liganden verändert oder wie ein Protein während der Proteinfaltung seine dreidimensionale Struktur einnimmt. Um die Vorgänge während und nach der Proteinsynthese zu verstehen, wird das Spektrometer auch dazu genutzt, unstrukturierte Proteine zu analysieren. Diese stellen den Startpunkt der Proteinfaltung dar und spielen eine Rolle bei Prionenkrankheiten wie der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.

Informationen:

Prof. Harald Schwalbe, Zentrum für biomolekulare Magnetische Resonanz, Campus Riedberg, Tel.: (069)-798-29737, schwalbe@ nmr.uni-frankfurt.de.

Prof. Clemens Glaubitz, Zentrum für biomolekulare Magnetische Resonanz, Institut für Biophysikalische Chemie, Campus Riedberg, Tel.: (069)-798-29927, glaubitz@em.uni-frankfurt.de

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