Genvariante für psychische Störung untersucht

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie der Universitäten in Bonn und Heidelberg konnten nachweisen, dass eine Genvariante, die auf ein erhöhtes Risiko für manisch-depressive Erkrankungen hinweist, sich auch im Gehirn gesunder Menschen bemerkbar macht. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Archives of General Psychiatry* berichten sie über ihre Forschungsergebnisse.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Henrik Walter und Privatdozentin Dr. Susanne Erk von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Campus Charité Mitte hat bei 110 gesunden Versuchspersonen mit einer Genvariante für die so genannte bipolare Störung die Gehirnfunktion untersucht. Die Forscher nutzten dazu die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT). Mit diesem Verfahren lassen sich aktivierte Strukturen im Gehirn bildlich darstellen. Die Forscher können die Auswirkungen kleiner genetischer Varianten mit dieser Methode früher und genauer nachweisen als mit psychologischen Verhaltensstudien. „Der Zusammenhang zwischen der aufgrund der Genvariante veränderten Hirnfunktion und depressiven Symptomen zeigte sich im Bild deutlich“, erläutert Prof. Walter. „In geringfügiger Ausprägung lassen sich diese Anzeichen auch bei gesunden Trägern der Genvariante feststellen.“

Die Wissenschaftler wiesen nach, dass bei Trägern der untersuchten Risiko-Genvariante zwei Kernregionen des Gehirns in ihrer Funktion beeinträchtigt sind: der Hippokampus und der so genannte subgenuale mediale Präfrontalkortex. Der Hippokampus ist an der Gedächtnisbildung und der subgenuale mediale Präfrontalkortex wesentlich an der Regulation von Emotionen beteiligt. Die fMRT- Bilder zeigten eine gegenüber gesunden Menschen deutlich verminderte Aktivität in diesen beiden Hirnregionen. Diese Minderaktivierung war umso stärker, je mehr leichte depressionsartige Symptome bei den Patienten vorlagen.

Darüber hinaus korrespondiert die untersuchte Risiko-Genvariante mit einem Gen, das Calcium-Ionenkanäle steuert. „An diesem Ort wirken auch viele Medikamente, die bei bipolaren Störungen häufig eingesetzt werden“, erläutert Prof. Walter. Sein Team erhofft sich von dieser Kombination aus genetischen Erkenntnissen und bildgebenden Verfahren weitere Impulse für die Entwicklung innovativer Medikamente.

*Susanne Erk, Henrik Walter et al.: Brain Function in Carriers of a Genome-wide Supported Bipolar Disorder Variant. In: Archives of General Psychiatry, Volume 67, Issue 8, August 2010, S. 803-811.

doi:10.1001/archgenpsychiatry.2010.94

Kontakt:
Prof. Dr. Dr. Henrik Walter
Forschungsbereich „Mind and Brain“ an der
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Campus Charité Mitte
t: +49 30 450 517 141
henrik.walter@charite.de

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Claudia Peter idw

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