Können gefährliche pflanzliche Krankheitserreger in Biogasanlagen überleben?

Immer mehr nachwachsende Rohstoffe werden in Biogasanlagen vergoren. Die Rückstände aus diesen Gärungen, die Gärreste, sind für die Landwirtschaft wertvolle organische Dünger. Die verwendeten Pflanzensubstrate wie Weizen und Mais können mit gefährlichen Viren, Bakterien oder Pilzen infiziert sein.

Die Krankheitserreger müssen durch die Gärung abgetötet werden. Sonst besteht das Risiko, dass der Landwirt die Erreger mit den Gärresten wieder auf dem Feld ausbringt und für die neue Aussaat ein hoher Infektionsdruck besteht. Welchen Einfluss die anaerobe Vergärung in Laborbiogasanlagen auf die Abtötung der Schaderreger hat, stellen die Projektpartner während der 57. Deutschen Pflanzenschutztagung in Berlin vor.

Insgesamt zeigen die Laborergebnisse, dass nicht nur die thermische Stabilität des Krankheitserregers selbst eine Rolle spielt, sondern ebenso das Substrat (ganze Pflanze oder Korn) und die Lagerzeit der Gärreste nach der Vergärung. Vor allem an Mais und Getreide als Substrat wurden verschiedene Fusarium-Arten (Taubährigkeit), Claviceps purpurea (Mutterkorn), Tilletia caries (Weizensteinbrand), Alternaria alternata (an Mais und Roggen) oder Sclerotinia sclerotiorum (Weißstängeligkeit an Raps) getestet.

Viele Erreger werden nach einer sechsstündigen Inkubation bei 37 Grad Celsius abgetötet (S. sclerotiorium, R. solani, F. avenaceum (bei Mais), F. verticillioides (bei Mais), T. caries, C. purpurea). Andere getestete pilzliche Erreger benötigten längere Inkubationszeiten und waren erst nach 24 bzw. 138 Stunden komplett abgetötet. Bei den meisten Pathogenen führte die Lagerung der Gärreste zu einer Verringerung der Vermehrungsfähigkeit der Sporen. So wurden nach vierwöchiger Lagerung bei allen getesteten pilzlichen Erregern an Mais und Getreide keine lebensfähigen Schadpilze mehr festgestellt.

Auch Clavibacter michiganensis ssp. sepedonicus, die bakterielle Ringfäule an Kartoffel, ein weltweit gefürchteter, unter Quarantäne stehender Pilz, wurde untersucht. Zwar ist die wirtschaftliche Bedeutung der Kartoffel als „Nachwachsender Rohstoff“ gering, aber das Risikopotenzial, das von dieser Krankheit ausgeht, ist extrem hoch. Aus den bisherigen Ergebnissen lässt sich nicht ableiten, dass die anaerobe Vergärung eine risikofreie Variante zur Verwertung von Kartoffelpartien ist, die mit der bakteriellen Ringfäule befallen sind. Der Kartoffelkrebs, Synchytrium endobioticum, – ebenfalls unter Quarantäne stehend – wurde selbst nach 138-stündiger Vergärung nicht vollständig inaktiviert. Auch eine anschließende Lagerung der Gärreste brachte keinen 100%igen Erfolg im Labor.

Die Überprüfung in Praxisbiogasanlagen steht jetzt an. Werden die Ergebnisse bestätigt, können Anforderungen an den Gärungsprozess formuliert werden, damit Gärreste hygienisch unbedenklich sind und Böden und damit Kulturpflanzen nicht zusätzlich mit Krankheitserregern infiziert werden.

Wissenschaftlicher Ansprechpartnerin:
Martina Bandte
Humboldt-Universität zu Berlin,
Landwirtschaftlich-Gärtnerische Fakultät, Fachgebiet Phytomedizin
Temporär: 14195 Berlin
Königin-Luise-Straße 19
Tel.: 030 8304-2536
martina.bandte[at]agrar.hu-berlin.de
Projektförderung durch Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Gülzow, FKZ: 22013207, Laufzeit 01.10.2009 bis 30.04.2011

Vorträge und Poster zum Thema im Tagungsband zur 57. Deutschen Pflanzenschutztagung (Julius-Kühn-Archiv, Band 428, 2010):

Vorträge:
S. 289, 42-4
S. 289, 42-5
Poster:
S. 513, 274a
S. 514, 275

Media Contact

Dr. Gerlinde Nachtigall idw

Weitere Informationen:

http://www.pflanzenschutztagung.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bauchaortenaneurysma: Lebensbedrohliche Gefahr schneller identifizieren

Forschungslabor der Frankfurt UAS entwickelt Methoden zur Bewertung von Krankheitsverlauf und Rupturrisiko von Bauchaortenaneurysmen. Seit wenigen Wochen ist es offiziell: Die Aorta kann als eigenständiges Organ klassifiziert werden. Durch diese…

Zerstörungsfreie Qualitätskontrolle für mehr Sicherheit und Effizienz

Forscher der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ) und des Forschungs- und Transferzentrums (FTZ) e.V. haben gemeinsam mit Partnern aus der Industrie ein innovatives Analyse-System entwickelt. Die endoskopische Laser-Analysetechnik namens „EndoDetect“ ermöglicht…

Uranimmobilisierende Bakterien im Tongestein

Mikrobielle Reduktion verringert Mobilität von Uranverbindungen. Bei der Konzeption von Endlagern für hochradioaktive Abfälle in tiefen geologischen Schichten müssen verschiedene Faktoren sorgfältig berücksichtigt werden, um ihre langfristige Sicherheit zu gewährleisten….

Partner & Förderer