Forscher/innen beeinflussen körpereigene „Müllabfuhr“: Qualitätskontrolle des Alterns

Weniger Müllentsorgung kann offenbar von Vorteil sein und den Alterungsprozess verzögern. Das berichtet das Forscherteam um den Kölner Alternsforscher Thorsten Hoppe in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Nature Cell Biology“. Die Ergebnisse zeigen, wie die einzelne Zelle zur Lebenserwartung beiträgt.

Die letzten zwei Jahrzehnte der Alternsforschung haben zu der Erkenntnis geführt, dass Alterung nicht nur eine Folge zufälliger Schäden ist, die sich über die Jahre in den Körperzellen ansammeln. Alterung wird auch von genetischen Programmen kontrolliert. Dieses Programm wirkt sich nicht nur auf die Lebensdauer aus, sondern beeinflusst auch bestimmte Entwicklungsprozesse.

Nun haben Prof. Hoppe und seine Mitarbeiter Faktoren des zellinternen Ubiquitin/Proteasom Systems gefunden, die eine wesentliche Rolle bei der Regulation der Alterung spielen.

Bedeutende Grundbausteine aller Zellen sind Eiweiße oder Proteine, die die Lebensfunktion eines Organismus koordinieren. Ein Protein ist aus einzelnen Aminosäuren aufgebaut, deren Reihenfolge die Struktur und Funktion bestimmen. Geschädigte Proteine zerstören die Balance der Zelle und können miteinander verklumpen – die Folge sind neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson.

Dass fehlerhafte Proteine nicht sofort zum Zelltod führen und in begrenzten Mengen für den Menschen nicht schädlich sind, verdanken wir der zellulären Qualitätskontrolle. Sie steuert einerseits die Reparatur defekter Proteine, andererseits werden irreparable Proteine mit dem Protein Ubiquitin für den Abbau im Fleischwolf der Zelle, dem Proteasom, markiert.

Die Forschergruppe um Prof. Hoppe am Institut für Genetik/CECAD in Köln, versucht herauszufinden, wie dieses Ubiquitin/Proteasom System reguliert wird, für welche entwicklungsspezifischen Funktionen der Zelle es von Bedeutung ist und wie es dabei Alterungsprozesse beeinflusst. Als Studienobjekt dient dabei der 1 mm große Fadenwurm Caenorhabditis elegans; ein Vielzeller, der besonders leicht genetisch zu manipulieren ist und bereits grundlegende Ähnlichkeit zum Menschen aufweist.

Mittlerweile kennt man verschiedene genetische Programme, die für die Lebenserwartung von Bedeutung sind. Für das korrekte ‚timing‘ des Alterns müssen die einzelnen Enzyme/Proteine, die an diesen Signalwegen beteiligt sind, sorgfältig aufeinander abgestimmt werden. Das Ubiquitin/Proteasom System wacht über die entwicklungsspezifische Aktivität dieser Maschinerie und drückt den Alterungsregulatoren einen Verfallsstempel auf, wenn diese nicht mehr benötigt werden. Eine Störung dieses Systems führt beim Menschen zur Anhäufung und Verklumpung von Proteinen im Gehirn; es kommt zu Bewegungsdefekten und Sprachverlust. Durch Manipulation der Abbaumaschinerie können Hoppe und Mitarbeiter nun das Verfallsdatum entscheidender Alterungsfaktoren manipulieren, und damit die Lebensdauer verlängern. Daher könnte diese Entdeckung in der Zukunft für Therapie und Diagnostik degenerativer Alterungserkrankungen wie Alzheimer, Huntington oder Parkinson interessant werden.

Bei Rückfragen: PR-Manager CECAD Cologne Astrid Bergmeister
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