Forscher entwickeln neue Methode zur Identifikation glykosylierter Proteine

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Biochemie in Martinsried haben jetzt einen weiteren entscheidenden Beitrag dazu geleistet: Mit einer neuen Methode haben sie über 6.000 glykosylierte Proteinstellen in verschiedenen Geweben identifiziert und somit eine wichtige Grundlage für das bessere Verständnis aller Lebensvorgänge geschaffen. (Cell, 28. Mai 2010).

Zahlreiche biologische Mechanismen wie die Immunabwehr, der programmierte Zelltod oder die Entstehung von Krankheiten beruhen darauf, dass einzelne Bausteine von Proteinen, die Aminosäuren, nachträglich verändert werden. Diesen Prozess nennen Wissenschaftler „posttranslationale Proteinmodifikation“. Obwohl sich die Technologien im Bereich der Proteinforschung in den letzten Jahren rasant entwickelt haben, war es Forschern bisher nur eingeschränkt möglich, solche modifizierten Proteinstellen zu identifizieren. Vor allem die Veränderung von Proteinen durch Glykosylierung – die Bindung von Kohlenhydraten an einzelne Aminosäuren – war weitgehend unerforscht. Doch gerade sie ist einer der bedeutendsten Mechanismen zur Veränderung von Proteinen und spielt eine wichtige Rolle beim Aufbau komplexer Organe und Organismen. Unterlaufen bei der Proteinmodifikation Fehler oder findet sie unkontrolliert statt, hat das oft Krankheiten wie zum Beispiel Alzheimer oder die Prionkrankheit zur Folge.

Jetzt konnten Wissenschaftler der Abteilung „Proteomics und Signaltransduktion“ des Max-Planck-Instituts für Biochemie, die von Matthias Mann geleitet wird, Licht ins Dunkel bringen: Sie haben eine auf Massenspektrometrie basierende Methode entwickelt, welche die Identifikation von N-glykosylierten Proteinstellen in verschiedenen Geweben ermöglicht. Die N-Glykosylierung ist eine spezifische Form der Glykosylierung, bei der die Kohlenhydrate an einen bestimmten Proteinbaustein, die Aminosäure Asparagin (abgekürzt mit „N“), binden.

Die neu entwickelte Methode beruht auf einem Filterverfahren, mit dem auch schwer zugängliche Proteine aus biologischem Material extrahiert werden können. Dieses Verfahren kombinierten die Forscher mit dem Einsatz hochauflösender Massenspektrometer, wodurch es ihnen gelang, 6.367 N-glykosylierte Proteinstellen zu identifizieren. Außerdem konnten sie bestimmte regelmäßig wiederkehrende Abschnitte (Sequenzmotive) herausarbeiten, die künftig als Erkennungsmuster für modifizierte Proteine dienen können.

Diese Erkenntnisse stellen wichtige Fortschritte für die Proteomik dar, so die Forscher, denn sie helfen dabei, die Vorgänge innerhalb des menschlichen Körpers besser zu verstehen. Zudem könnten sie auch für die Erforschung von Krankheiten eine zentrale Rolle spielen. So gelang es, einige veränderte Proteinstellen zu identifizieren, die mit verschiedenen Erkrankungen in Zusammenhang stehen: Zum Beispiel entdeckten die Forscher bisher unbekannte N-Glykosylierungsstellen an Proteinen, die eine wesentliche Rolle bei der Alzheimer-Krankheit spielen. Da die N-Glykosylierung an vielen Prozessen beteiligt ist, die bei Alzheimer gestört sind, vermuten die Wissenschaftler, dass diese Form der Proteinmodifikation die Erkrankung direkt verursacht oder zumindest entscheidenden Einfluss auf ihren Verlauf nimmt. Die Ergebnisse dieser Studie könnten somit für die weitere Erforschung der Krankheit von entscheidender Bedeutung sein und als Basis für mögliche Therapieansätze dienen, so die Hoffnung der Max-Planck-Forscher. [UD]

Originalveröffentlichung:
D. Zielinska, F. Gnad, J. Wisniewski, M. Mann:
Precision Mapping of an In Vivo N-Glycoproteome Reveals Rigid Topological and Sequence Constraints.

Cell, 28. Mai 2010.

Kontakt:
Prof. Dr. Matthias Mann
Proteomics und Signaltransduktion
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
E-mail: mmann@biochem.mpg.de
Anja Konschak
Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Biochemie
Am Klopferspitz 18
82152 Martinsried
Tel. ++49/89-8578-2824
E-mail: konschak@biochem.mpg.de

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