Die Parkinson-Krankheit beginnt schleichend. Dem amerikanischen Filmstar Michael J. Fox zuckte plötzlich bei Dreharbeiten der kleine Finger der linken Hand. Er überspielte es jahrelang erfolgreich. Typischerweise breitet sich das Zittern weiter aus, Muskeln werden steif, die Bewegungen verlangsamen sich.
Erhielten Parkinson-Mäuse den Wirkstoff Anle138b, bildeten sich deutlich weniger Synuclein-Ablagerungen (braun gefärbt) als bei Placebo-behandelten Kontrolltieren. Bild: Giese, LMU München
Mehr als drei Millionen Menschen sind weltweit davon betroffen, über 200 000 allein in Deutschland, so die Schätzung der Deutschen Parkinson Vereinigung. Damit ist Parkinson nach Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung.
In den meisten Fällen tritt Parkinson bei Menschen zwischen 50 und 60 Jahren erstmals auf. Die Dopamin produzierenden Nervenzellen in der Substantia nigra (einer Struktur im Mittelhirn) gehen zugrunde. Unter dem Mikroskop werden auffallende Ablagerungen verklumpter Synuclein-Proteine im Gehirn sichtbar. In der frühen Phase lagern sich zunächst wenige Alpha-Synucleine zu sogenannten Oligomeren zusammen. Diese scheinen stark neurotoxisch zu wirken. Werden beim Menschen die ersten Symptome sichtbar, sind fatalerweise zumeist bereits mehr als die Hälfte der krankheitsrelevanten Nervenzellen abgestorben. Wissenschaftler forschen daher an verbesserten Methoden zur Früherkennung der Krankheit. Medikamentös können die Ursachen von Parkinson bisher nicht behandelt werden. Genau hier setzt die Arbeit der Forscher-Teams um Armin Giese und Christian Griesinger an.
Rund 20.000 wirkstoffartige Substanzen testeten die Mitarbeiter um Giese systematisch darauf, ob sie die Bildung krankheitstypischer Proteinverklumpungen verhindern können. Ihr Screening basiert auf einer äußerst empfindlichen Laser-Methode, die der Mediziner Giese vor Jahren bei Nobelpreisträger Manfred Eigen am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie entwickelt hat. Schon in der ersten Stufe fanden sich unter den getesteten Molekülen einzelne interessante Kandidaten. Eine Substanz erwies sich schließlich nach weiteren systematischen Optimierungen als besonders effektiv. Andrei Leonov, Chemiker in Griesinger’s Team, gelang es, daraus einen vielversprechenden Wirkstoff zu synthetisieren. Dieser ist in therapeutischen Dosen sehr gut verträglich, kann mit der Nahrung verabreicht werden und die Blut-Hirn-Schranke passieren. Im Gehirn erreicht er hohe Wirkspiegel. Inzwischen haben die Münchner und Göttinger Forscher den Wirkstoff namens Anle138b – nach den ersten beiden Buchstaben des Vor- und Nachnamens von Andrei Leonov – zum Patent angemeldet.
Länger fit auf der WalzeGenerell war der Behandlungserfolg umso größer und die erkrankten Tiere lebten umso länger, je früher sie Anle138b über das Futter verabreicht bekamen. Doch nicht nur bei der Parkinson-Krankheit war die Substanz wirksam. „Auch bei Creutzfeldt-Jakob finden wir krankmachende Protein-Verklumpungen, die bei dieser Krankheit durch das sogenannte Prion-Protein verursacht werden“, erklärt Griesinger. „Auch hier verhindert Anle138b wirkungsvoll ihr Zusammenlagern und die Mäuse überleben deutlich länger“. Die Ergebnisse der Forscher machen Hoffnung, dass Anle138b möglicherweise auch das fatale Verklumpen anderer Proteine wie des mit Alzheimer assoziierten Tau-Proteins stoppen könnte. Weitere Versuche der Göttinger und Münchner Forscher sollen dies testen. Anle138b ist deshalb für die medizinische Forschung ein wichtiges Werkzeug. Es erlaubt den Wissenschaftlern, direkt im Reagenzglas zu untersuchen, wie der Wirkstoff die Oligomere verändert und was ihr Zusammenlagern hemmt. Sie hoffen, damit wichtige Einblicke in die Mechanismen zu erhalten, wie neurodegenerative Krankheiten entstehen.
Bis heute werden durch die verfügbaren Medikamente nur die Symptome der Parkinson-Krankheit gelindert, indem sie die Funktion der verbliebenen Nervenzellen unterstützen. „Mit Anle138b könnten wir eine neue Klasse von Neuroprotektiva zur Hand haben, mit der sich möglicherweise Krankheiten wie Parkinson oder Creutzfeldt-Jakob bremsen oder sogar stoppen lassen“, erläutert Griesinger. Doch er warnt, dass die Ergebnisse an Nagern nicht unmittelbar auf den Menschen übertragbar seien. Im nächsten Schritt soll Anle138b auf Toxizität an Nichtnagern getestet werden. Erst wenn diese Versuche positiv verlaufen, rücken klinische Studien am Menschen in greifbare Nähe. Es sei aber immer ein langer Weg, bis eine neue Substanz beim Menschen in der Therapie erfolgreich eingesetzt werden könne, betont Mediziner Giese.
Dr. Carmen Rotte | Max-Planck-Institut
Weitere Informationen:
http://www.mpibpc.mpg.de/9721362/pr_1307
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