Exaktere Analyse der Zellreaktionen auf Stress

Zellen in Kultur reagieren auf Stress mit massiver ADP-Ribosylierung (rot) im Zellkern (blau). Bild: Universität Zürich

Sind Zellen Stress ausgesetzt, werden verschiedene Reparatur- und Entgiftungsprozesse in Gang gesetzt, damit sich die Zellen vor Schädigungen schützen können. Stress wird durch Umweltfaktoren oder durch die körpereigene Reaktion auf Entzündungen verursacht, was zu Krebs oder Herzkrankheiten führen kann.

Die Zellen reagieren, indem sie diverse Proteine chemisch modifizieren, so dass sich deren Aktivität und Funktion verändert. Zentral in dieser Stressantwort ist die ADP-Ribosylierung: Enzyme fügen dabei an bestimmten Stellen eines Proteins kleine Moleküle an oder entfernen sie, womit das Protein aktiviert oder deaktiviert wird. Dieser Schritt löst eine Kaskade von Prozessen aus, mit denen sich die Zelle dem Stress anpasst, um zu überleben.

Besonderes Augenmerk gilt unter anderem dem Schutz der Chromosomen, den Trägern der Erbinformation. Diese bestehen einerseits aus der genetischen Information sowie andererseits aus diversen Proteinen, um die die fadenförmige DNA gewickelt ist, dem Chromatin.

Seit langem ist bekannt, dass einige der Chromatin-Proteine unter bestimmten Stressbedingungen ADP-ribosyliert werden, was der Zelle hilft, Stress-induzierte Schädigungen zu bewältigen. Doch wo genau die ADP-Ribosylierung am Chromatin stattfindet, war bislang unklar. Geeignete Verfahren, um diese Frage zu beantworten, fehlten.

Neue Methode erlaubt besseres Verständnis der zellulären Stressreaktion

Eine Gruppe von Wissenschaftlern des Instituts für Molekulare Mechanismen bei Krankheiten (ehemals Institut für Veterinärbiochemie und Molekularbiologie) der Universität Zürich hat nun eine neue Methode mit dem Namen «ADPr-ChAP» entwickelt, die den Nachweis der modifizierten Chromatin-Stellen erlaubt, die nach Zellstress entstehen.

«Damit können wir genauer untersuchen, wo und wie die ADP-Ribosylierung die Struktur des Chromatins reguliert und diverse Prozesse wie die Vervielfältigung der DNA, deren Reparatur oder die Genaktivität steuert», erläutert Prof. Michael O. Hottiger, Leiter der Studie.

«Mit dieser Technik lässt sich viel detaillierter erforschen, welche Proteine ADP-ribosyliert werden – sowohl in Bezug auf das gesamte Genom wie auch an spezifischen Stellen. Und dies ermöglicht es, besser zu verstehen, wie eine Zelle auf einen bestimmten Stress reagiert», fasst Hottiger zusammen.

Damit steht der Wissenschaft nun ein zuverlässiges Instrument zur Verfügung, um jene molekularen Signalwege zu identifizieren, die bei zellulären Stressreaktionen eine zentrale Rolle spielen. Langfristiges Ziel der Forschenden ist es, neue Möglichkeiten zu finden, um gezielt die krankmachenden Prozesse im Körper, beispielsweise bei chronischen Entzündungen oder Krebserkrankungen, zu unterbinden.

Literatur:
Giody Bartolomei, Mario Leutert, Massimiliano Manzo, Tuncay Baubec, and Michael O. Hottiger. Analysis of Chromatin ADP-Ribosylation at the Genome-wide Level and at Specific Loci by ADPr-ChAP. Molecular Cell, January 28, 2016. doi:10.1016/j.molcel.2015.12.025

Kontakt:
Prof. Michael O. Hottiger
Institut für Molekulare Mechanismen bei Krankheiten
Universität Zürich
Tel. +41 44 635 54 74
E-Mail: hottiger@dmmd.uzh.ch

http://www.mediadesk.uzh.ch/articles/2016/analyse-zellreaktionen-stress.html

Media Contact

Kurt Bodenmüller Universität Zürich

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer