Epigenetischer Stopp-Schalter für therapieresistenten Prostatakrebs

Die Histon-Methyltransferase KMT9 besteht aus zwei Einheiten. Wird die Bildung einer Einheit blockiert, findet keine Histon-Methylierung statt und die Tumorzelle wächst nicht weiter. Universitätsklinikum Freiburg

Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg und der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg haben eine neue Möglichkeit entdeckt, um das Wachstum von Prostatakrebszellen zu blockieren, bei denen bislang etablierte Therapien nicht mehr wirken.

Die Freiburger Forscher entschlüsselten die Struktur und den Wirkmechanismus des Enzyms KMT9, das zur Gruppe der Histon-Methyltransferasen gehört. Diese heften durch post-translationale Modifikation kleine Marker, sogenannte Methylreste, an die Histone.

Wird die KMT9-Bildung blockiert, sterben selbst vollständig therapieresistente Tumorzellen ab, normale Zellen aber überleben. Ihre Ergebnisse stellten die Freiburger Forscher in einer Studie im Fachmagazin Nature Structural and Molecular Biology vor, die am 6. Mai 2019 erschien.

„Besonders vielversprechend ist, dass die Blockade auch bei Prostatakrebszellen wirkt, die gegen alle herkömmlichen Therapien resistent sind“, sagt der Erstautor der Studie Dr. Eric Metzger von der Klinik für Urologie und dem Zentrum für Klinische Forschung des Universitätsklinikums Freiburg. „Damit könnte ein KMT9-Hemmstoff wie ein epigenetischer Stopp-Schalter wirken. Das wäre ein völlig neuer Therapieansatz bei Prostatakrebs“, so Metzger.

Ansatzpunkt bei hormon-resistentem Prostatakrebs

Diese Erkenntnis könnte künftig vor allem bei hormonresistenten Tumoren von Bedeutung sein. Denn zunächst ist das Krebswachstum vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron abhängig. Eine antihormonelle Therapie entfernt oder blockiert das Testosteron und bremst so den Tumor aus. Nach einer gewissen Zeit wird der Tumor aber hormon-resistent und wächst wieder. Hier verspricht KMT9 eine neue Therapieoption.

„Als wir im Labor die Bildung des Proteins im Tumorgewebe blockierten, wuchsen selbst hormonresistente Tumore in Kultur und sogar in Mäusen nicht weiter und Tumorzellen starben vermehrt ab“, sagt Prof. Dr. Roland Schüle, Leiter der Untersuchungen und Wissenschaftlicher Direktor an der Klinik für Urologie und des Zentrums für Klinische Forschung des Universitätsklinikums Freiburg. Er ist zudem Mitglied in den Exzellenzclustern im Bereich biologische Signalforschung BIOSS und CIBSS der Albert-Ludwigs-Universität.

Wichtiger Baustein der epigenetischen Regulation

Der Einfluss von Methyltransferasen wie KMT9 auf die Genaktivität wird als epigenetische Regulation bezeichnet. „KMT9 ist ein neuer, wesentlicher Akteur der epigenetischen Regulation“, so Schüle. Bei Prostatakrebs ermöglicht KMT9 vermehrt das Ablesen bestimmter Gene, die für die Zellteilung notwendig sind, und es ist im Zellkern dieser Krebszellen verstärkt nachweisbar.

Die Ergebnisse wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Oliver Einsle (Institut für Biochemie) und Prof. Dr. Manfred Jung (Institut für Pharmazeutische Wissenschaften) der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg erzielt, die auch an der künftigen Entwicklung von KMT9-Hemmstoffen beteiligt sind.

Prof. Dr. Roland Schüle
Wissenschaftlicher Direktor
Klinik für Urologie
Universitätsklinikum Freiburg
Tel: 0761 270-63100
roland.schuele@uniklinik-freiburg.de

KMT9 monomethylates histone H4 lysine 12 and controls proliferation of prostate cancer cells, DOI: 10.1038/s41594-019-0219-9

https://www.nature.com/articles/s41594-019-0219-9 Link zur Studie

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