Energie für die Zellteilung

Zu Beginn der Mitose (M-Phase) wird das mitochondriale Protein Tom6 phosphoryliert: Es verändert sich, sodass es zu einem verstärkten Import von Proteinen kommt. Bild: Arbeitsgruppe Meisinger

Wenn eine Zelle sich teilt, durchläuft sie eine Reihenfolge von komplexen Ereignissen. Mitochondrien liefern als Kraftwerke der Zelle die Hauptenergie für diese Prozesse: Sie wandeln Nahrung in Energie um, sodass die Zelle sie nutzen kann.

Die Freiburger Biochemikerin Dr. Angelika Harbauer und der Biochemieprofessor Chris Meisinger haben zusammen mit einem deutsch-französischen Team einen Signalweg entdeckt, der die beiden zentralen Aufgaben Zellteilung und Energieumwandlung miteinander verknüpft.

Die Ergebnisse ihrer Studie haben die Forscherinnen und Forscher in der Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht. Ihre Arbeit könnte zukünftig dabei helfen, die Entstehung von Tumorerkrankungen besser zu verstehen.

Bei der Zellteilung verdoppelt sich die Erbinformation und verteilt sich in einem komplexen Prozess, den man Mitose nennt, auf die entstehenden Tochterzellen. Bestimmte Eiweiße, so genannte Cyclin-abhängige Kinasen, steuern diese Prozesse.

Wie ihr Name andeutet, werden die Eiweiße von Cyclinen reguliert: Diese sind andere Proteine, die während der verschiedenen Zellzyklusphasen periodisch auf- und wieder abgebaut werden. Die Hauptenergiequelle für all diese Prozesse sind die Mitochondrien.

Harbauer hat am Modell der Bäckerhefe herausgefunden, dass zu Beginn der Mitose eine Cyclin-abhängige Kinase ein mitochondriales Protein phosphoryliert, das heißt die Kinase verändert das Protein und aktiviert es dadurch. Das mitochondriale Protein ist ein Bestandteil der Proteineintrittspforte der Mitochondrien:

Sie importiert nahezu alle Proteine, die in den Mitochondrien eine Aufgabe erfüllen. Durch diese zellzyklus-abhängige Veränderung der Proteineintrittspforte kommt es, wie Harbauer gezeigt hat, zu einem verstärkten Import von Proteinen, die die Kraftwerksleistung der Mitochondrien verbessern. Dadurch ist sichergestellt, dass für ein aufwändiges Ereignis wie die Zellteilung genügend Energie vorhanden ist. Kann diese Veränderung an der Proteineintrittspforte nicht mehr stattfinden, verlangsamt das die Zellteilung und letztlich das Wachstum.

„Die in der Hefe entdeckten Modifikationen finden wir auch beim Menschen. Es erscheint daher sehr wahrscheinlich, dass dieser neue Signalweg auch dort die Zellkraftwerksleistung und die Zellteilung miteinander verbindet“ sagt Meisinger, der diese Mechanismen zukünftig auch an Tumorgeweben analysieren möchte.

Bei vielen Tumorerkrankungen sei die Leistung der Zellkraftwerke stark vermindert. Der entdeckte Signalweg könnte ein Schlüssel sein, den Zusammenhang zwischen fehlregulierter Zellteilung und den Mitochondrien aufzuklären.

Chris Meisinger ist Arbeitsgruppenleiter am Institut für Biochemie und Molekularbiologie sowie Mitglied des Exzellenzclusters BIOSS Centre for Biological Signalling Studies. Angelika Harbauer forscht in Meisingers Arbeitsgruppe am Institut für Biochemie und Molekularbiologie.

Originalpublikation:
Angelika Harbauer, Magdalena Opalińska, Carolin Gerbeth, Josip Herman, Sanjana Rao, Birgit Schönfisch, Bernard Guiard, Oliver Schmidt, Nikolaus Pfanner and Chris Meisinger (2014). Cell Cycle-Dependent Regulation of Mitochondrial Preprotein Translocase. Science. DOI: 10.1126/science.1261253. Vorabpublikation unter www.ScienceExpress.org .

Kontakt:
Prof. Dr. Chris Meisinger
Institut für Biochemie und Molekularbiologie
BIOSS Centre for Biological Signalling Studies
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-5287
E-Mail: chris.meisinger@biochemie.uni-freiburg.de

Weitere Informationen:

http://www.sciencemag.org/content/early/2014/11/05/science.1261253.abstract

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