Einstufiges Analyse- und Entgiftungsverfahren

Schadstoffe wie Chlor- und Nitrophenole wandeln sich in enzymkatalysierten Reaktionen vollständig in den Glühwürmchen-Leuchststoff Luciferin um. (c) Wiley-VCH

Oxidiertes Benzol oder Phenol kommen als Teil der chemischen Struktur in fast jeder organischen Substanz vor, von Lignin und Teer bis hin zu Pharmazeutika, Farbstoffen und Herbiziden. Phenol-basierte Verbindungen sind auch Weichmacher in Kunststoffen.

Die meisten dieser phenolhaltigen Chemikalien sind an sich nicht gefährlich. Einige Pestizide, Herbizide oder Flammschutzmittel können aber zu stabilen, krebserregenden Nitrophenolen und halogenierten Phenolen abgebaut werden, die sich dann am Arbeitsplatz oder auf dem Feld anreichern.

Phenolhaltige Verbindungen können mit aufwändigen Technologien wie der Massenspektrometrie nachgewiesen und analysiert werden. Die Biochemikerin Pimchai Chaiyen vom Vidyasirimedhi Institute of Science and Technology in Thailand und ihre Kollegen suchten etwas Praktischeres.

Auf der Grundlage einer etablierten biochemischen Entgiftungsmethode entwickelten sie eine Reaktionsfolge für halogenierte Phenole und Nitrophenole. Ergebnis war ein einstufiges Protokoll zum simultanen Nachweis dieser Substanzen durch eine Leuchtreaktion und deren Entgiftung.

Produziert wurde dabei eine Verbindung, die aus sommernächtlichen Gärten und Waldlichtungen gut bekannt ist: Luciferin, der Leuchtstoff der Glühwürmchen.

Die Natur kennt viele Möglichkeiten, Chemikalien unschädlich zu machen. Mit speziellen Enzymen wandeln Baktererien halogenierte Phenole in Benzochinone um, die dann normal verstoffwechselt werden können. Daher nutzt die Industrie bereits diese Enzyme für die biochemische, sanfte Entgiftung von phenolischen Schadstoffen.

Chaiyen und ihre Kollegen gingen jedoch über die pure Reinigung hinaus und koppelten das Verfahren mit der Umsetzung von Benzochinon in Luciferin. „ Mit dieser chemisch-enzymatischen Reaktionskaskade haben wir eine biobasierte Technologie zum Nachweis von Nitrophenolen und halogenierten Phenolen geschaffen. Das ist ein deutlicher Vorteil“, schreiben die Autoren. Reaktionskaskade bedeutet, dass das zuerst entstandene Benzochinon anschließend direkt zu Luciferin umgewandelt wird.

Für diese Umsetzung musste die natürliche Substanz Cystein in der Reaktionsmischung vorhanden sein. In einem dritten Schritt wiesen die Autoren das Luciferin durch eine Leuchtreaktion durch das Glühwürmchenenzym Luciferase nach. Die Entgiftungs-Nachweismethode für potenziell schädliche Phenole durch Luciferinherstellung erwies sich als robust. Auch aus unübersichtlichen Probenmischungen wurden die phenolischen Schadstoffe vollständig entfernt.

Noch einen weiteren Nutzen sehen die Autoren in ihrer Methode. Luciferin wird auch pharmazeutisch vielfach eingesetzt. Also ist es nicht nur möglich, gleichzeitig phenolische Schadstoffe nachzuweisen und sie zu entfernen, sondern auch wertvolles Luciferin herzustellen–aus Abfall.

Angewandte Chemie: Presseinfo 22/2019

Autorin: Pimchai Chaiyen, Vidyasirimedhi Institute of Science and Technology (Thailand), https://www.vistec.ac.th/academic/faculty_detail.php?id=27

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

https://doi.org/10.1002/ange.201904923

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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