Durchgedrehte Blutströpfchen

Bessere Diagnostik von Parasiteninfektionen: Britische Wissenschaftler haben eine einfache und schnelle Anreicherung seltener Zellen mittels Ultraschall entwickelt. (c) Wiley-VCH

Parasiteninfektionen wie Malaria und Schlafkrankheit betreffen Hunderte Millionen Menschen, vor allem in den ärmsten Regionen der Welt. Oft ist die Diagnose schwierig, da die Konzentration der Parasiten im Blut sehr gering sein kann.

Britische Wissenschaftler haben jetzt eine einfache chipbasierte Methode entwickelt, mit der sich seltene Zellen aus Blut anreichern lassen. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, kann so die Nachweisgrenze für Erreger der Malaria sowie der Schlafkrankheit um zwei bis drei Größenordnungen gesenkt werden.

Gängige Techniken zum Abtrennen und Anreichern von Parasiten aus Blutproben lassen sich in abgelegenen Landstrichen und Entwicklungsländern kaum umsetzen, da sie meist eine komplexe Chemie zur Zellmarkierung, kostspielige Geräte oder eine umfangreiche Infrastruktur benötigen.

Eine kostengünstige Technologie, die nur geringe Strommengen benötigt und ohne Markierungen auskommt, aber mit einem Blutströpfchen aus der Fingerkuppe als Probe auskommt, wäre wünschenswert. Ein Team von der University of Glasgow um Jonathan M. Cooper hat jetzt einen solchen Ansatz entwickelt.

Die innovative Methode basiert auf einem akustisch gesteuerten Mikrochip, der in ein batteriebetriebenes Handgerät eingesetzt wird. Damit gelang den Forschern jetzt die Anreicherung malariainfizierter Blutzellen sowie von Erregern der Schlafkrankheit aus peripherem Blut.

Auf dem Chip befindet sich eine spezielle Elektrode, die Ultraschall erzeugt, wenn eine Spannung anliegt. Wird ein Flüssigkeitströpfchen auf eine definierte Stelle der Anordnung gegeben, erzeugt die Form des akustischen Felds ein besonderes Strömungsmuster in diesem Tropfen, eine ringförmige Rotationsbewegung.

Partikel mit einer geringeren Dichte als die der Flüssigkeit werden in der Mitte des Tröpfchens von der hier nach oben gerichteten Strömung gegen die Schwerkraft mitgerissen und an den äußeren Rand transportiert, wo sie akkumulieren. Partikel mit einer höheren Dichte sammeln sich dagegen in der Mitte des Tröpfchens, da sie nicht hochgehoben werden können.

Das funktioniert auch für Zellen. So sind rote Blutkörperchen, die mit dem Malaria-Erreger infiziert sind, weniger dicht als nicht infizierte Zellen. Wird die Dichte des zu untersuchenden Blutströpfchens durch einfache Zugabe einer kleinen Menge eines Reagenz eingestellt, lassen sich mit dem akustischen Chip infizierte rote Blutkörperchen in wenigen Sekunden im äußeren Bereich um das Hundert- bis Tausendfache anreichern, während sich die nicht infizierten roten Blutkörperchen in der Mitte des Tröpfchens sammeln.

Auch für die direkte Anreicherung frei im Blut schwimmender Parasiten ist die Methode geeignet. So konnten die Forscher Trypanosomen, die Erreger der Schlafkrankheit, mithilfe eines akustischen Chips anreichern. Mithilfe einfacher Färbemethoden lassen sich die Parasiten anschließend nachweisen.

In der Zukunft könnte die Technik so adaptiert werden, dass sich auch andere Infektionskrankheiten sowie seltene zirkulierende Tumorzellen einfacher nachweisen lassen.

Angewandte Chemie: Presseinfo 09/2014

Autor: Jonathan M. Cooper, University of Glasgow (UK), http://www.gla.ac.uk/schools/engineering/staff/jonathancooper/

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201310401

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Dr. Renate Hoer GDCh

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