Die Ladung macht den Unterschied: Neue Membran separiert kleinste organische Moleküle

Abbildung: Schema Membranherstellung: 1. Synthese maßgeschneiderter Triblockterpolymere, 2. SNIPS: Die funktionellen Gruppen der Triblockterpolymere (-OH, -N) legen sich exakt in die Poreninnenseite, 3. Postfunktionalisierung: Nach Behandlung mit Methyljodid (CH3I) oder Propansulton ((CH2)3SO3) sind die Porenröhrchen positiv oder negativ geladen und lassen selektiv Farbstoffe passieren. [Grafik: Zhenzhen Zhang].

„Classic Blue“ ist die Trendfarbe des Jahres. Längst hat die Textilindustrie ihre Färbestrecken darauf eingestellt. Um zu verhindern, dass Farbstoffrückstände im Abwasser landen, bietet Membrantechnologie eine umweltfreundliche Möglichkeit, Schadstoffe sicher zu entfernen.

Zhenzhen Zhang, Doktorandin am HZG-Institut für Polymerforschung, hat eine neue Polymermembran entwickelt, die vielversprechend für die Abwasserreinigung sein könnte: Eine sogenannte Triblockterpolymer-Membran, die organische Moleküle nach ihrer elektrischen Ladung aus wässrigen Lösungen trennt.

„In meinen Versuchen konnte ich mit unterschiedlich geladenen, aber vergleichbar großen Molekülen zeigen, dass die Membran sehr spezifisch Farbmoleküle oder andere organische Moleküle, wie zum Beispiel Arzneistoffe, zuverlässig voneinander trennt“, erklärt Doktorandin Zhenzhen Zhang.

Die hohe Selektivität selbst bei so winzigen Molekülen macht ihre neue Membran auch für die Pharmaindustrie interessant: Die Gewinnung und Reinigung organischer Moleküle ist aufgrund ihrer geringen Größe sehr anspruchsvoll. Durch die neue Membran könnten hier Kosten eingespart werden.

Spezielles Verfahren zur Membranherstellung: SNIPS

Die Herstellung der neuen Membran erfolgt durch die Kombination der Selbstorganisation von Polymeren mit der nichtlösungsmittel-induzierten Phasenseparation, dem sogenannten SNIPS-Verfahren, das am HZG entwickelt wurde (siehe1. In der Abbildung).

Hierzu wird zunächst ein Triblockterpolymer synthetisiert. Eine solche Polymerkette besteht aus drei Blöcken, wobei Zhang den beiden Endblöcken unterschiedliche funktionelle Gruppen (1., beige (OH), lila (C5H4N)) zugefügt hat.

Die Nanokanäle in der Membran entstehen danach durch Selbstorganisation der Polymere während des SNIPS-Verfahrens: Die Triblockterpolymer-Lösung wird auf ein Vlies gegossen, nach kurzer Pause ist das Lösungsmittel verdampft und das Vlies wird in ein Wasserbad getaucht. Es entstehen kleine Röhren mit identischem Durchmesser, die von der Oberfläche aus senkrecht nach unten „wachsen“ (2.).

Die zuvor zugefügten funktionellen Gruppen ordnen sich selbstständig im Inneren der Röhren an (2.) und können durch Postfunktionalisierung mit positiver oder negativer Ladung versehen werden (3.). Dabei versieht Methyljodid (CH3I, blau) die Poren mit einer positiven Ladung und Propansulton ((CH2)3SO3, grün) belädt die Poren negativ.

Für die Ausbildung der geordneten Trennschicht mussten eine Vielzahl an Parametern optimiert werden. Erst nach unzähligen Versuchen, in denen sie immer wieder die Verdunstungszeit und die Lösemittel änderte, gelang Zhenzhen Zhang der Durchbruch und ihre neue isoporöse Membran verfügte über die gewünschten Eigenschaften.

In ihrer Studie zeigt die Nachwuchswissenschaftlerin mit unterschiedlich geladenen aber ungefähr gleichgroßen Farbstoff-Molekülen die Funktionsweise ihrer Membranen: Zum Beispiel werden einfach positiv geladene Methylenblau-Moleküle von der positiv geladenen Membran zurückgehalten, während neutrale Riboflavin-Moleküle passieren können. Im Fall einer negativ geladenen Membran geht einfach negativ geladenes Orange II durch, während dreifach negativ geladene Naphthol-Grün-Moleküle zurückgehalten werden.

Professor Volker Abetz, Leiter des HZG-Instituts für Polymerforschung, erklärt: „Zhenzhen Zhang hat Grundlagenforschung betrieben, auf die wir aufbauen werden. Durch die Idee, die Poren mit positiver oder negativer Ladung zu versehen, eröffnen sich neue Anwendungsmöglichkeiten in der Nanofiltration, zum Beispiel für die chemische Industrie.“

Chemically-Tailored Multifunctional Asymmetric Isoporous Triblock Terpolymer Membranes for Selective Transport, Advanced Materials 2020
https://doi.org/10.1002/adma.201907014

http://www.hzg.de – Webseite des Helmholtz-Zentrums Geesthacht

Media Contact

Dr. Torsten Fischer Helmholtz-Zentrum Geesthacht - Zentrum für Material- und Küstenforschung

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer