Diagnose kindlicher Hirntumoren – nicht jeder Tumormarker ist hilfreich

Medulloblastome (gelber Kreis) gehören bei Kleinkindern zu den häufigsten bösartigen Hirntumoren. Quelle: Marc Remke / Universitätsklinikum Düsseldorf

Genetische Marker sind dagegen meist zu unterschiedlich im Tumor verteilt und es sind mehrere Biopsien notwendig, wie die Studie zeigt. Im DKTK verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten in Deutschland.

Molekulare Muster werden bei Hirntumoren immer häufiger eingesetzt, um das Ansprechen auf eine Krebstherapie vorhersagen und Patienten die passende Therapie empfehlen zu können. „Bei kindlichen Hirntumoren, dem Medulloblastom, sind die Prognosen in vielen Fällen sehr zuverlässig“, erklärt Dr. Marc Remke, der am Universitätsklinikum Düsseldorf die Nachwuchsgruppe für Pädiatrische Neuroonkologie des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) leitet.

„Ist beispielsweise der sogenannte Wnt-Signalweg im Tumor aktiviert, haben Patienten mit den gängigen Standardtherapien eine exzellente Heilungschance.“ Seit 2016 sind diese und andere molekulare Klassifizierungen von Hirntumoren auch von der Weltgesundheitsorganisation WHO anerkannt.

Voraussetzung für die Zuverlässigkeit der Methoden ist allerdings die eindeutige Ermittlung des genetischen Tumorprofils. Genau hier liegt die Herausforderung, denn die Zellen eines Hirntumors haben oft mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten, wie Marc Remke mit kanadischen Forscherkollegen von der Universität Toronto, des Hospital for Sick Children und von der Cancer Agency Britisch Columbia herausfand.

Das Team zeigte erstmalig, dass sowohl Hirntumoren bei Erwachsenen (hochgradige Gliome) als auch kindliche Hirntumoren (Medulloblastome) aus genetisch unterschiedlichen Regionen bestehen. Die Forscher sezierten Tumorproben von insgesamt 35 Patienten und untersuchten die räumliche Verteilung genetischer Veränderungen, die bei der Tumorentwicklung eine Rolle spielen.

„Die verschiedenen Tumorregionen unterschieden sich durch einzelne Mutationen und in der Kopienzahl bestimmter Gene im Erbgut der Krebszelle“, erläutert Remke. „Sowohl bei den kindlichen Medulloblastomen als auch bei den Gliomen waren daher zwei oder mehrere Biopsien notwendig, um zu ermitteln, ob die genetischen Veränderungen im gesamten Tumor vorkommen.“

Die Entdeckung, dass Hirntumoren auf genetischer Ebene keine homogene Einheit sind, hat auch entscheidende Konsequenzen für die Entwicklung neuer zielgerichteter Therapien. „Molekulare Zielstrukturen, an denen Therapeutika ansetzen, sollten in allen Tumorzellen vorkommen, denn dann ist die Ausbildung von Resistenzen unwahrscheinlicher. Damit können wir den Tumor an der Wurzel packen und Patienten zusätzliche Biopsien ersparen“, betont Remke.

Als besonders homogene und somit vielversprechende Tumormarker identifizierte die Studie die Aktivität krebsrelevanter Gene, wie die des Wnt-Signalweges. „Bei den Medulloblastomen waren die Aktivitätsmuster der untersuchten Gene in allen Tumorregionen vergleichbar und eine einzige Biopsie bereits ausreichend, um eine zuverlässige Prognose stellen zu können“, so Remke.

Remke ist zuversichtlich, dass die Ergebnisse der Studie dazu beitragen werden, die Heterogenität von Hirntumoren bei der Wahl der richtigen Marker künftig stärker zu berücksichtigen. Derzeit untersuchen die Wissenschaftler, ob es noch weitere molekulare Veränderungen bei Krebs gibt, die in allen Tumorregionen auftreten. „Wir haben erste Hinweise, dass sogenannte epigenetische Faktoren, also chemische Gruppen auf dem Erbgut, für die Diagnostik von Hirntumoren sehr interessant sein könnten“, fasst Remke erste Beobachtungen zusammen.

A Sorana Morrissy. et. al.: Spatial heterogeneity in medulloblastoma. In: Nature Genetics (10. April 2017)
doi:10.1038/ng.3838 (http://www.nature.com/ng/journal/v49/n5/full/ng.3838.html)

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BU: Medulloblastome (gelber Kreis) gehören bei Kleinkindern zu den häufigsten bösartigen Hirntumoren.

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*Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) ist eine gemeinsame, langfristige Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der beteiligten Bundesländer und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und wurde als eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZGs) gegründet. Im DKTK verbindet sich das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) als Kernzentrum langfristig mit onkologisch besonders ausgewiesenen universitären Partnerstandorten und Kliniken in Deutschland. Mit dem DKFZ kooperieren Forschungseinrichtungen und Kliniken an Standorten Berlin, Dresden, Essen/Düsseldorf, Frankfurt/Mainz, Freiburg, Heidelberg, München und Tübingen, um optimale Bedingungen für die kliniknahe Krebsforschung zu schaffen. Das Konsortium fördert interdisziplinäre Forschungsthemen an der Schnittstelle zwischen Grundlagenforschung und Klinik, sowie klinische Studien zu innovativen Therapie- und Diagnoseverfahren. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Aufbau von Forschungsplattformen, um den Einsatz personalisierter Krebstherapien zu beschleunigen und die Diagnose und Prävention von Krebserkrankungen zu verbessern.

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