Diabetes ist die häufigste Alterskrankheit in Deutschland

Übergewicht und Bewegungsmangel zählen zu den stärksten Risikofaktoren, die im Alter einen Diabetes begünstigen. Daneben spielen genetische Faktoren eine entscheidende aber noch unzu-reichend verstandene Rolle. Dabei ist der umgangssprachliche Begriff „Zuckerkrankheit“ irreführend. Richtig wäre es, von „Krankheit des Kohlenhydratstoffwechsels“ zu sprechen. Die genauen Mechanismen der Diabetesentstehung sind bisher nicht hinreichend erforscht.

„Der Anteil der älteren Bevölkerung nimmt in Deutschland beständig zu“, erklärt Prof. Dr. Tilman Grune, wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). „Die Wissenschaft ist daher aufgefordert, neue Ernährungsstrategien zu entwickeln, die möglichst vielen Menschen dabei helfen, bis ins hohe Alter gesund und fit zu bleiben. Hierzu wollen wir mit unserer Forschung einen wesentlichen Beitrag leisten“, so Grune weiter.

Das DIfE ist neben 19 anderen Forschungsinstituten der Leibniz-Gemeinschaft Mitglied im LFV Healthy Ageing. Erst kürzlich konnten Wissenschaftler am DIfE nachweisen, dass mindestens 20 Gene an der Entstehung der Krankheit beteiligt sind. „Unsere Ergebnisse bestätigen damit nicht nur die Relevanz einiger menschlicher Gene für den Typ-2-Diabetes. Sie liefern auch eine überschaubare Liste von Genen, die man sich nun in Human- und Mausstudien genauer anschauen kann“, sagt die Studienleiterin Prof. Dr. Annette Schürmann.

Nach Aussage der Wissenschaftler ist es wichtig, die Funktionen der Diabetesgene weiter aufzuklären, da sie nicht nur einen tiefen Einblick in die Entstehungsmechanismen der Erkrankung geben, sondern ihre Kenntnis es auch ermöglicht, Ansatzpunkte für neue Strategien der Diabetesprävention und -therapie zu entwickeln.

Das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf – ebenfalls Mitglied im LFV Healthy Ageing –konnte in einer aktuellen Studie nachweisen, dass zwei verwandte Gene, TBC1D1 und TBC1D4, eine entscheidende Rolle für die Zuckeraufnahme in Fett- und Muskelzellen spielen. Defekte in einem dieser Gene führen zu einem fortschreitenden Verlust der Insulinempfindlichkeit. Sind beide Gene defekt, so kann kein Zucker mehr in Muskel- oder Fettzellen aufgenommen werden. „Das Diabetesrisiko ist damit stark erhöht“, folgert Prof. Dr. Hadi Al-Hasani vom DDZ.

Nach der Nahrungsaufnahme und einer Erhöhung der Zuckerkonzentration im Blut schüttet die Bauchspeicheldrüse den Botenstoff Insulin aus. Bei gesunden Menschen fördert die Ausschüttung von Insulin die Aufnahme des Zuckers in die Fett- und Muskelzellen. Dort steht er dann für den Energiestoffwechsel der Zellen zur Verfügung. Ist diese Aufnahme jedoch in Folge einer verminderten Insulinproduktion oder einer reduzierten Insulinsensitivität gestört, steigt der Zuckerspiegel im Blut an.

Schädigungen der Nerven und der Blutgefäße sind die Folgen. Im Spätstadium können daraus Erblindung, Nierenversagen, Schlaganfall und Herzinfarkt folgen. Eine Reduzierung des Übergewichts kann zu einer deutlichen Verbesserung für die Patienten führen, indem zum Beispiel keine Medikation mehr nötig ist.

Vom Typ-2-Diabetes zu unterscheiden ist der Typ-1-Diabetes. Diese Form des Diabetes entwickelt sich in der Regel bis zum 25. Lebensjahr. Am häufigsten tritt er zwischen dem 8. und dem 12. Geburtstag erstmals auf. Bei diesem Krankheitsbild werden die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse vom eigenen Immunsystem zerstört. Typ-1-Diabetes ist demnach eine Autoimmunerkrankung. Trotzdem spielen die Gene eine wichtige Rolle. So steigt das Erkrankungsrisiko der Kinder, wenn beide Eltern einen Typ-1-Diabetes haben, auf bis zu 25%.

Aufgrund der weiten Verbreitung und der gravierenden Folgen für die Betroffenen ist Typ-2-Diabetes einer der Forschungsschwerpunkte im LFV Healthy Ageing. Die beiden Sprecher des Verbundes Prof. Rudolph und Prof. Krutmann sind sich einig: „Der LFV Healthy Ageing kann durch seinen interdisziplinären Forschungsansatz einen wichtigen Beitrag in der Diabetesforschung und damit auch für das große Ziel ‚Gesundes Altern‘ leisten. Es ist wichtig, dass Forscher aus allen Fachbereichen zusammenarbeiten, um die weit verbreiteten Alterskrankheiten wie Diabetes, Krebs und Demenz grundlegend zu verstehen.“

Kontakt:
Astrid van der Wall
Koordinatorin LFV Healthy Ageing
Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Tel.: 03641 / 65 63 14
avanderwall@fli-leibniz.de

Der Leibniz-Forschungsverbund Healthy Ageing
Der Leibniz-Forschungsverbund Healthy Ageing wurde im März 2013 nach Genehmigung durch die Leibniz-Gemeinschaft gegründet. Prof. Dr. K. Lenhard Rudolph – Leibniz-Institut für Altersforschung Jena (FLI) – und Prof. Dr. Jean Krutmann – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung Düsseldorf (IUF) – leiten gemeinsam als Sprecher den Verbund. Inzwischen sind 20 Institute der Leibniz-Gemeinschaft dem Kooperationsvertrag beigetreten. Dazu kommen assoziierte Mitglieder aus renommierten Forschungseinrichtungen im In- und Ausland. Ziel des Verbundes ist es, die Ursachen des Alterns interdisziplinär auf allen Ebenen zu erforschen. Daraus werden Anpassungs-strategien entwickelt und validiert, die Gesundes Altern nachhaltig fördern. Neben dieser Forschungsarbeit sieht sich der Verbund als zentralen Ansprechpartner für Politik und Medien in allen Fragen des Alterns und des Demographischen Wandels. Das DDZ und das DIfE sind nicht nur Mitglieder im LFV Healthy Ageing, sondern auch Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD).
www.leibniz-healthy-ageing.de

Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 89 selbständige Forschungseinrichtungen. Deren Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Sie unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Institute pflegen intensive Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der WissenschaftsCampi -, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 17.200 Personen, darunter 8.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,5 Milliarden Euro.
www.leibniz-gemeinschaft.de

Weitere Informationen:

http://www.leibniz-gesundes-altern.de/
http://ddz.uni-duesseldorf.de/de/
http://www.dife.de
http://www.leibniz-gemeinschaft.de

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