Der Nase nach: Geruchscode von Lebensmitteln basiert auf wenigen flüchtigen Stoffen

Die verschiedenen Aromen von Lebensmitteln entstehen durch eine charakteristische Kombination von drei bis zu 40 von 230 relevanten Geruchsstoffen. (c) Wiley-VCH

Unter der hohen Zahl flüchtiger Verbindungen in Lebensmitteln spielen aber gerade einmal etwa 230 eine Rolle für den Geruch, wie deutsche Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten. Die verschiedenen Gerüche entstehen durch eine charakteristische Kombination von drei bis zu 40 dieser Geruchsstoffe.

Beim Essen und Trinken gelangen flüchtige Aromastoffe über den Rachen zu unseren ca. 30 Mio. Riechzellen. Spezielle Rezeptoren binden die Duftstoffe: Ein elektrisches Signal entsteht, das ins Gehirn weitergeleitet wird.

Riecht man eine Mischung aus mehreren chemischen Komponenten, werden mehrere Riechsinneszelltypen erregt. Im Gehirn produzieren die Nervenzellen dann ein spezifisches Aktivierungsmuster in Form einer topographischen „Duftkarte“.

Thomas Hofmann und ein Team aus Wissenschaftlern der Technischen Universität München sowie der Deutschen Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (Leibniz-Institut in Freising-Weihenstephan) haben die Literatur zum Thema Geruchsstoffe jetzt systematisch durchforstet, analysiert und statistisch ausgewertet.

Diese so genannte Meta-Analyse hat Erstaunliches ergeben: „Von den bislang etwa 10000 in Lebensmitteln identifizierten flüchtigen Verbindungen zählen nur ca. 230 zu den genuinen Schlüsselgeruchsstoffen“, berichtet Hofmann, „und der typische Geruch der meisten, wenn nicht aller Lebensmittel wird durch das charakteristische Verhältnis von nur drei bis 40 dieser Verbindungen hervorgerufen.“

Die Wissenschaftler vermuten, dass sich die natürlichen Geruchsstoffmoleküle unserer Nahrung und unsere etwa 400 Geruchsrezeptorproteine während der Evolution gemeinsam entwickelt haben.

Für den Geruchseindruck eines Lebensmittels ist die richtige Mischung von Geruchsstoffen entscheidend, denn in der Kombination entstehen völlig neue Geruchsempfindungen. „So stellt z.B. die Mischung eines nach Geranien und eines nach gekochten Kartoffeln riechenden Duftstoffes die molekulare Grundlage für den fischigen Geruch von gekochtem Dorsch und Sardinen“, so Hofmann.

„Bei einem Konzentrationsverhältnis von 1:100 verlieren sie ihren ursprünglichen Geruchseindruck zugunsten des fischartigen.“

Eine Entschlüsselung aller relevanten Geruchsstoffe und Riechrezeptoren eröffnet interessante neue Perspektiven für die Herstellung biomimetischer Aromamischungen, mit denen sich erstmals natürliche Geruchssignaturen authentisch rekonstruieren ließen, etwa für Lebensmittelaromen, Parfüms oder die olfaktorische Begleitung von Filmen, aber auch für biomedizinische Applikationen, z.B. zur Appetit- und Sättigungsregulation.

So könnte sich Heißhunger durch Aromen mit authentischen Geruchsprofilen hochkalorischer Lebensmittel unterdrücken lassen. Die Kenntnis der Aromacodes von Nutzpflanzen und Früchten könnte zudem bei der Züchtung hilfreich sein. Statt wie bisher nur auf Ertrag und Lagerfähigkeit zu züchten, oft zu Lasten des Geschmacks, ließen sich gezielt aromatischere Sorten züchten. Künstliche Nasen auf Basis von Biosensoren könnten die Produktion von Lebensmitteln steuern oder in der Diagnostik Verwendung finden.

Angewandte Chemie: Presseinfo 24/2014

Autor: Thomas Hofmann, Technische Universität München (Germany), http://www.molekulare-sensorik.de/

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201309508

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Dr. Renate Hoer GDCh

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