Das schnellste Nanoskop der Welt

Ultraschnelle STED-Nanoskopie von EGFP-markierten Vesikeln im Neuron der lebenden Larve einer Drosophila melanogaster (Taufliege) mit 8 Millisekunden Zeitauflösung. Der rote Pfeil zeigt auf ein sich schnell bewegendes Vesikel (bis zu 1.8 µm/s), das ein anderes, ebenfalls mobiles Vesikel (weißer Pfeil) überholt. Skalenbalken: 1 µm. | © Jale Schneider und Jasmin Zahn, Abteilung Optische Nanoskopie, Deutsches Krebsforschungszentrum

Die Lichtmikroskopie ist eine der wichtigsten Methoden der modernen biomedizinischen Forschung. Mit Hilfe der Fluoreszenz können Biomoleküle gezielt markiert und dann direkt beobachtet werden, auch in lebenden Zellen und Geweben.

Seit einigen Jahren wachsen die Möglichkeiten dieser Technik rasant an, da die sogenannte Beugungsgrenze der Auflösung in der klassischen optischen Mikroskopie dank neuer Ansätze überwunden werden kann. Auch mit Licht werden nun Objekte im Nanometerbereich sichtbar – die Auflösung nähert sich damit immer mehr der des Elektronenmikroskops.

Nachdem der Nobelpreis in Chemie 2014 „für die Entwicklung der super-auflösenden Fluoreszenzmikroskopie“ mit Stefan Hell den Pionier dieser Entwicklung ehrte (den Preis erhielt er zusammen mit seinen amerikanischen Kollegen Eric Betzig und W.E. Moerner), wollte Hell neben der räumlichen Auflösung auch die zeitliche an die Grenzen des Möglichen führen.

Eine hohe zeitliche Auflösung ist immer dann wichtig, wenn Vorgänge so schnell ablaufen, dass nur mit einer ganzen Serie von Bildern zu erkennen ist, was im Detail vor sich geht. Dauert das einzelne Bild zu lange, verwischt die Bewegung wie bei der fotografischen Aufnahme eines schnellen Autos mit zu langer Belichtungszeit. Idealerweise nimmt man möglichst schnell eine hohe Zahl von Bildern in direkter Abfolge auf.

Während ihrer Doktorarbeit bei Stefan Hell entwickelte Jale Schneider unter Betreuung von Johann Engelhardt ein neues, technisch anspruchsvolles Verfahren, mit dem die Laserstrahlen in der STED-Methode die Probe in bisher nicht gekannter Geschwindigkeit abtasten können – in den beschriebenen Experimenten bewegt sich der Laserfokus 4000 mal schneller als bisher. Das rapide aufgebaute Bild macht diesen STED-Ansatz zum derzeit mit Abstand schnellsten Nanoskopie-Verfahren weltweit.

So konnten hochaufgelöste Aufnahmen von schnell ablaufenden dynamischen Vorgängen gewonnen werden: Darunter die Bewegung von Vesikeln in Nervenzellen von Fliegenlarven (siehe Bild) und von AIDS-Viruspartikeln vor und während der Aufnahme in die Zelle. Diese Anwendungsbeispiele gehen auf den langjährigen intensiven Austausch von Hells Heidelberger Arbeitsgruppe mit den Labors von Hans-Georg Kräusslich (Universitätsklinikum Heidelberg) und Stephan Sigrist (Freie Universität Berlin) zurück.
Die konsequente Weiterentwicklung von STED und verwandten Technologien sowie ihre Anwendung in der medizinischen Forschung ist Hauptziel der Abteilung Optical Nanoscopy am Heidelberger DKFZ. Stefan Hell ist außerdem Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen.

J. Schneider, J. Zahn, M. Maglione, S.J. Sigrist, J. Marquard, J. Chojnacki, H.-G. Kräusslich, S.J. Sahl, J. Engelhardt, S.W. Hell: Ultrafast, temporally stochastic STED nanoscopy of millisecond dynamics. Nature Methods 2015, 10.1038/nmeth.3481

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.

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