Darmkrebs: Optische Labels enttarnen Tumore

Die häufigste Krebsform in Deutschland ist das Kolonkarzinom. Gefährlich ist dieser Darmkrebs, weil er lange Zeit unentdeckt wachsen kann, bevor er erste Beschwerden verursacht. Eine frühe Diagnose ist daher für den Heilungserfolg entscheidend.

An dieser Stelle setzt der Forschungsverbund „COLONVIEW“ an. Die neun beteiligten Projektpartner aus Wissenschaft und Industrie wollen zwei ehrgeizige Ziele erreichen: zum einen die Diagnose des Karzinoms entscheidend verbessern und zum anderen die chirurgische Therapie durch eine präzisere Lokalisation des Tumors vereinfachen. Anfang April trafen sich die Forscher zum Start des vom BMBF geförderten Forschungsprojektes in Tuttlingen.

Die Ursache für das Kolonkarzinom sind genetische Veränderungen von gutartigen Geschwülsten in der Darmhaut. Diese sogenannten Polypen lassen sich technisch leicht entfernen. „Das Problem ist aber, dass durchschnittlich 50 Prozent der Frühstadien bei der Darmspiegelung übersehen werden. Das ist natürlich ein extrem schlechter Wert, den wir verbessern wollen“, sagt Dr. Norbert Hansen, von der Firma Karl Storz. Er leitet den Verbund, der als Lösung eine Sonde und ein endoskopisches Inspektionssystem erarbeiten will, die den Krebs durch einen Farbstoff im Darm besser sichtbar macht. Die Sonde wird dafür in die Blutbahn des Patienten gegeben, von wo aus sie sich an den Krebszellen im Darm anlagert. Während der Darmspiegelung regt Fluoreszenzlicht die Sonde und damit den Tumor „wie eine rote Flagge“ zum Leuchten an, wie Hansen es nennt.

Bei der Therapie von weiter fortgeschrittenen Krebsstadien wollen die Forscher ebenfalls den Krebs enttarnen. Üblicherweise verläuft eine Darmkrebsoperation in Deutschland heutzutage im wahrsten Sinne des Wortes radikal; durch den geöffneten Bauchraum entnimmt der Chirurg einen großen Teil des Darms. Die für den Patienten schonendere, aber in Deutschland noch wenig verbreitete Methode ist die laparoskopische Operation, die durch kleine Löcher in der Bauchdecke erfolgt. Sie hat bisher einen entscheidenden Nachteil: Der Chirurg kann den Tumor nicht mehr ertasten, ihm fehlt das palpatorische Feedback. Deshalb wird auf die sogenannte Rendezvous-Technik zurückgegriffen, bei der während des chirurgischen Eingriffs zusätzlich ein Koloskop durch den Darm eingeführt wird. Die Projektpartner des COLONVIEW Projektes wollen aus diesem Grund ein Nanopartikel herstellen, das den Krebs dauerhaft einfärbt, so dass der Operateur nicht auf den Blick durch die Hintertür angewiesen ist, sondern den Tumor von außen erkennen kann.

Die Entwicklung der Methoden für verbesserte Früherkennung und intraoperative Lokalisation des Kolonkarzinoms des Verbundprojektes COLONVIEW erfolgt innerhalb der Technologie-Initiative Molekulare Bildgebung (MoBiTech) im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung. Mit dieser Förderinitiative baut das BMBF die Förderung optischer Technologien für das Gesundheitswesen weiter aus, nachdem es diese insbesondere im Forschungsschwerpunkt Biophotonik bereits mit über 100 Millionen Euro unterstützt hat. Im Rahmen der MoBiTech-Initiative werden neue bildgebende Systeme, Diagnostika und begleitende Softwarelösungen erforscht. Sie sollen helfen, Krankheiten in ihren Ursachen zu verstehen, sie früher und genauer zu diagnostizieren und gezielter zu behandeln.

Der vollständige Titel des Projektes COLONVIEW lautet:
„Früherkennung und intraoperative Lokalisation des Kolonkarzinoms“.
Universitäre Partner:
Universitätsklinikum Jena
Universitätsklinikum Freiburg
Fachhochschule Münster
Chirurgische Klinik der TU München
2. Medizinische Klinik und Poliklinik der TU München
Industriepartner:
KARL STORZ GmbH & Co. KG
PARItec GmbH
DYOMICS GmbH
Signalomics GmbH
Ansprechpartner:
Dr. Norbert Hansen
Karl Storz GmbH & Co. KG
Tel 07461 / 708 86 27
Fax 07461 / 708 75 003
n.hansen@karlstorz.de
Clemens Homann
Forschungsschwerpunkt Biophotonik
-Öffentlichkeitsarbeit-
c/o Institut für Photonische Technologien, Jena
Tel 03641/ 206 064
Fax 03641/ 206 044
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