Chemie muss stimmen – Pheromone für den „One-Night-Stand“ von Wespen

Viele von uns haben es schon einmal erlebt: Aus der Ferne betrachtet wirkte unser Gegenüber noch ganz sympathisch, doch schon nach wenigen Atemzügen beschleicht einen das Gefühl, dass das erste Rendezvous wohl auch das letzte sein wird.

Aber auch wenn der Geruchssinn bei unserer Partnerwahl oft unbewusst mitwirkt, wird die von Patrick Süßkind in seinem Roman „Das Parfüm“ beschriebene Wunderdroge, mit der Jean-Baptiste Grenouille die Massen erotisierte, bei uns Menschen wohl niemals Realität werden.

Bei Insekten hingegen spielen Reize, die über den Geruchssinn wahrgenommen werden, oftmals eine entscheidende Rolle. So ist der Einsatz von so genannten Sexualpheromonen bei der nur etwa 2 mm großen Erzwespe Nasonia vitripennis von zentraler Bedeutung bei der Partnersuche.

Wie nun eine Gruppe von Forschern um Prof. Dr. Joachim Ruther vom Institut für Zoologie der Universität Regensburg herausgefunden hat, ist die Reaktion auf solche chemischen Reize bei der Erzwespe allerdings auch maßgeblich von deren Paarungszustand abhängig. So ergaben Verhaltensuntersuchungen im Labor, dass ausschließlich jungfräuliche Weibchen von dem Duft der Männchen angezogen werden. Die attraktive Wirkung des Pheromons geht jedoch innerhalb weniger Minuten nach der Paarung verloren; verpaarte Weibchen meiden den Duft der Männchen sogar, wenn dieser in höheren Konzentrationen vorkommt.

Die attraktive Wirkung der Männchen geht von einem aus drei Komponenten bestehenden Sexualpheromon aus, das sie in ihrem Enddarm produzieren und über die Analöffnung durch tupfende Bewegungen ihrer Hinterleibspitze abgeben. Faszinierenderweise ist es ein weiteres Pheromon des sich paarenden Männchens, welches die Reaktion der Weibchen auf das Sexualpheromon praktisch abschaltet. Das Männchen trägt den – bisher noch nicht identifizierten – Stoff während der Balz aus einer oralen Drüse auf die Antennen des Weibchens auf, was bei diesem Paarungsbereitschaft auslöst und gleichzeitig dafür sorgt, dass es sich nicht mehr zu dem Duft anderer Männchen hingezogen fühlt. Stattdessen bevorzugen verpaarte Weibchen nun den Geruch von Fliegenpuppen, die sie zur Eiablage brauchen.

Von der durch den Sexualpartner hervorgerufenen Verschiebung der geruchlichen Vorlieben profitiert letztlich auch das Weibchen selbst, da nach der Paarung nur noch die erfolgreiche Eiablage für den Fortpflanzungserfolg wichtig ist. Weitere balzende Männchen würden dabei nur stören.

Die Ergebnisse der Regensburger Untersuchungen sind vor kurzem in der Online-Ausgabe der bekannten Fachzeitschrift „Animal Behaviour“ erschienen (DOI:10.1016/j.anbehav.2010.09.008). Ein weiterer Beitrag wird in Kürze im Wissenschaftsmagazin „Blick in die Wissenschaft“ veröffentlicht, das von der Universität Regensburg herausgegeben wird.

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Joachim Ruther
Universität Regensburg
Institut für Zoologie
Tel.: 0941 943-2151
Joachim.Ruther@biologie.uni-regensburg.de

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Alexander Schlaak idw

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