CeNIDE-Forscher beweisen Tempo – Nanostrukturen schalten schneller

Bisher galt die Reaktionszeit der Nanostrukturen jedoch als zu langsam – eine Gruppe von Forschern der Universität Duisburg-Essen (UDE) um Dr. Nils Hartmann vom Center for Nanointegration (CeNIDE) hat nun das Gegenteil bewiesen und ihre Ergebnisse in der renommierten Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ (Band 123, Ausgabe 19) veröffentlicht.

In abgewandelter Form findet man das Material mit dem unaussprechlichen Namen Poly(N-Isopropylacrylamid) auch in Windeln. Hier quillt es bei Feuchtigkeit auf und hält den Babypopo trocken – daher auch der allgemeinere Name „Hydrogel“. Es besteht aus kettenförmigen Molekülen, ist daher ein sogenanntes Polymer. Am Lehrstuhl für Technische Chemie von CeNIDE-Prof. Dr. Mathias Ulbricht können solche Polymerketten dicht an dicht an Oberflächen befestigt werden. Bei Temperaturen unter 32 Grad Celsius binden diese Schichten Wasser; die Struktur ähnelt dann einer Bürste. Steigt die Temperatur jedoch über den kritischen Punkt, fallen die winzigen Ketten zu einer kompakten Schicht zusammen.

Medikamente freisetzen oder Minischalter

Auf diese Weise könnte das Material beispielsweise in Ventilen kleine Öffnungen und Kanäle regulieren. Es wäre als Temperatur- oder Feuchtigkeitssensor zu verwenden, könnte kontrolliert Medikamente im Inneren des menschlichen Körpers freisetzen oder als Minischalter für viele andere Prozesse dienen. Denn mithilfe der Nanopolymere lassen sich auch miniaturisierte Strukturen realisieren, die zudem viel schneller reagieren sollten als ihre bisher verwendeten großen Brüder. Doch genau die Geschwindigkeit entpuppte sich bisher bei vielen Anwendungen als Problem: In der Theorie sollte das Nanopolymer zwar rasend schnell reagieren, aber Tests erbrachten immer wieder Reaktionszeiten im Sekundenbereich. Viel zu langsam für die Steuerung schnell ablaufender Prozesse.

CeNIDE-Mitglied Dr. Nils Hartmann ist Arbeitsgruppenleiter am Lehrstuhl für Physikalische Chemie. Er erkannte den Knackpunkt in den bisherigen

Experimenten: Um die Geschwindigkeit eines Prozesses zu messen, benötigt man zum einen eine Aufnahmetechnik, die schneller ist als der Prozess selbst, und zum anderen einen Reiz, der augenblicklich für die Reaktion des Polymers sorgt. „Die Technik muss insgesamt immer dem Versuchsobjekt angepasst sein“, erklärt Hartmann. „Ansonsten sorgt sie selbst für eine verzögerte Reaktion des Materials.“ Mindestens eines dieser beiden Kriterien haben die bisher bekannten Untersuchungsverfahren jedoch nicht erfüllt.

Mit dem Laser punktgenau erhitzen

Das Team um Hartmann entwickelte daher eine neue Methode: Die Forscher erhitzten das Polymer mit einem Laser. Ist dieser eingeschaltet, wird es augenblicklich heiß, im Moment des Ausschaltens ist die Hitze sofort verschwunden – anschaulich kann man sich das wie bei einem Gasherd vorstellen. Die oberhalb der Probe montierte Mikroskopkamera nahm die Reaktion des Polymers dabei in vielen aufeinanderfolgenden Heiz- und Kühlphasen jeweils ein wenig zeitversetzt auf.

Die Ergebnisse ließen nur einen Schluss zu: Das Hydrogel reagiert innerhalb von Mikro- bis Millisekunden auf den Temperaturreiz. „Das allein ist schon eine völlig neue Erkenntnis“, freut sich Hartmann.

„Zusätzlich konnten wir aber noch zeigen, dass das Polymer auch bei tausendfachen Wiederholungen keinerlei Schaden nimmt und somit für den Langzeiteinsatz geeignet ist.“

Diese Entdeckungen sehen auch andere Experten als höchst relevant an – das macht die Einstufung der Veröffentlichung als „VIP Paper“ in der renommierten Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ deutlich.

Weitere Informationen:
Angewandte Chemie 2011, 123, 4606 – 4609 Angewandte Chemie, Int. Ed. 2011, 50, 4513 – 4516

Redaktion: Birte Vierjahn, Tel. 0203/379-1456, birte.vierjahn@uni-due.de

Beate H. Kostka M.A.
Leiterin der Pressestelle und Öffentlichkeitsarbeit in der Stabsstelle des Rektorats Universität Duisburg-Essen
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