Calcium-Wellen bei der doppelten Befruchtung: Forscher entdecken zelluläre Signale

Sie entdeckten dabei spezifische Muster von Calcium-Wellen, die entstehen, sobald die weiblichen Zellen mit ihren männlichen Partnern in Kontakt kommen. Diese Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen (DOI:10.1038/ncomms5645).

Die doppelte Befruchtung ist ein Hauptmerkmal der Blütenpflanzen, zu denen auch fast alle Nutzpflanzen gehören. Im Gegensatz zu Tieren, aber auch zu niederen Pflanzen wie Moose und Farne, bei denen die Befruchtung über bewegliche Spermien erfolgt, werden die unbeweglichen Spermazellen bei Blütenpflanzen über den Pollenschlauch in die gut geschützten und z. T. tief eingebetteten Samenanlagen transportiert.

Bei Mais z. B. werden hierbei Strecken von bis zu 20 cm zurückgelegt. In der Samenanlage angekommen, platzt der Pollenschlauch und entlässt zwei Spermazellen. Eine Spermazelle befruchtet anschließend die Eizelle, woraus sich der Embryo entwickelt. Eine zweite Spermazelle befruchtet die Zentralzelle, die sich zum Endosperm entwickelt.

Diese beiden Produkte aus der doppelten Befruchtung (Embryo und Endosperm) sind der Hauptbestandteil der Pflanzensamen und damit unserer wichtigsten Grundnahrungsmittel. Das molekulare Verständnis dieser grundlegenden Prozesse ist daher seit vielen Jahren ein zentrales Anliegen in der Pflanzenforschung.

Zellbiologen der Universität Regensburg und der Universität Heidelberg, in Kooperationen mit Forschern der Carnegie Institution for Science in Stanford, USA, und der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist es jetzt erstmalig gelungen, bei der Modellpflanze „Arabidopsis thaliana“ (Ackerschmalwand) zelluläre Signale in lebenden Samenanlagen während des gesamten Befruchtungsvorgangs aufzuzeichnen.

Hierzu setzten die Forscher einen neuen Biosensor in Pflanzen ein, der es ermöglicht, Änderungen in der Calcium-Konzentration in den Zellen, die an der doppelten Befruchtung beteiligt sind, im Mikroskop sichtbar zu machen. Sie entdeckten dabei spezifische Muster von Calcium-Wellen, die entstehen, sobald die weiblichen Zellen mit ihren männlichen Partnern in Kontakt kommen. Diese Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienen (DOI:10.1038/ncomms5645).

Da die Befruchtungsprozesse bei Blütenpflanzen tief eingebettet in den mütterlichen Geweben der Samenanlage stattfinden, ist nur wenig über die zugrundeliegenden Mechanismen der gegenseitigen Erkennung und Fusion männlicher und weiblicher Zellen bekannt. Bei Tieren wird Calcium als sogenanntem Signalmolekül eine ganz zentrale Rolle bei der intrazellulären Weiterleitung von Informationen, wie beispielsweise die Erkennung der Keimzellen beider Geschlechtspartner, zugeschrieben.

Durch die Kombination zahlreicher Neuentwicklungen im Bereich der Fluoreszenzmikroskopie und der Etablierung hypersensitiver Biosensoren sowie der Entdeckung von Genregulationselementen aller an der Befruchtung beteiligten Zellen und schließlich der Möglichkeit, die Befruchtungsvorgänge auch bei Pflanzen isoliert aus den weiblichen Sexualorganen durchzuführen, ist es jetzt gelungen, nicht nur den gesamten Befruchtungsvorgang in Echtzeit in lebenden Zellen zu beobachten, sondern darüber hinaus am Beispiel Calcium die Verteilung und die Bedeutung dieses wichtigen Moleküls zu untersuchen.

Hierbei konnten die Forscher u. a. zeigen, dass oszillierende Calcium-Wellen beim Kontakt zwischen Pollenschlauch und Eiapparat entstehen und eine zentrale Rolle beim Platzen des Pollenschlauchs spielen. Eine erste Calcium-Welle entsteht in der Ei- und Zentralzelle bei der Spermazellfreisetzung und führt vermutlich zur Aktivierung beider Zellen, während eine weitere, länger anhaltende Calcium-Welle die Fusion der Keimzellen und damit die erfolgreiche Befruchtung der Eizelle markiert.

Welche molekularen Prozesse jeweils durch die Calcium-Wellen ausgelöst werden, muss in weiteren Arbeiten untersucht werden. Diese Studie zeigt jedoch bereits eine zentrale Rolle von Calcium auch bei der Befruchtung von Blütenpflanzen an, wobei die Muster der Calcium-Signale für jeden beteiligten Zelltyp spezifisch sind. Die in dieser Studie etablierte Methodik kann jetzt in zahlreichen weiteren Untersuchungen genutzt werden, um nicht nur die Rolle von Calcium näher zu untersuchen, sondern auch die Funktionen zahlreicher weiterer Moleküle und Gene bei der doppelten Befruchtung aufzuklären.

Titel der Originalpublikation:
P. Denninger, A. Bleckmann, A. Lausser, F. Vogler, T. Ott, D. Ehrhardt, W.B. Frommer, S. Sprunck, T. Dresselhaus, G. Grossmann (2014) Male-female communication triggers calcium signatures during fertilization in Arabidopsis. „Nature Communications“. 5, 4645. DOI:10.1038/ncomms5645.

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Thomas Dresselhaus
Universität Regensburg
Lehrstuhl für Zellbiologie und Pflanzenbiochemie
Tel.: 0941-943-3016
E-Mail: thomas.dresselhaus@ur.de

Dr. Guido Grossmann
Universität Heidelberg
Centre for Organismal Studies / Exzellenzcluster CellNetworks
Tel.: 06221-545612
E-Mail: guido.grossmann@cos.uni-heidelberg.de

http://www.nature.com/ncomms/2014/140822/ncomms5645/pdf/ncomms5645.pdf – die Publkation im Internet

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