BRCA-Mutationen können einen Einfluss auf die Reparatur von strahleninduzierten DNA-Schäden haben

Konsequenterweise würde eine Beeinträchtigung der Funktionen von BRCA1 und BRCA2 der gängigen medizinischen Praxis, erblich vorbelastete Frauen in relativ jungen Jahren und regelmäßig mammographisch zu untersuchen, widersprechen.

Könnte das Risiko einer Entartung der Zellen und damit der Entstehung von Krebs durch die Behandlung vergrößert werden? Durch die Bestrahlung könnten vermehrt DNA-DSBs entstehen, die aufgrund der eingeschränkten Reparatur nicht oder fehlerhaft repariert würden.

Diese Fragestellung wurde in einem von der Wilhelm-Sander-Stiftung geförderten Projekt von der Arbeitsgruppe um Prof. Markus Löbrich an der Technischen Universität Darmstadt) untersucht. In der durchgeführten Studie wurde zunächst der Einfluss von heterozygoten BRCA-Mutationen auf die Reparaturkapazität einer Zelle untersucht. Dieser heterozygote Status ist durch den Verlust einer der beiden normalerweise vorhandenen Kopien (Allele) eines Genes gekennzeichnet und wird mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Brustkrebs in Verbindung gebracht. So sollte herausgefunden werden, ob der Verlust einer BRCA-Kopie bereits zur Einschränkung des Reparaturvermögens führt oder ob die noch vorhandene Kopie ausreicht, um die Funktion des Eiweißes zu erfüllen.

Dabei kann in der Zellkultur der ausdifferenzierte und teilungsinaktive Zustand normaler Körperzellen simuliert werden. In diesem Zustand konnte keine Einschränkung der Reparaturkapazität von heterozygoten BRCA-Mutanten im Vergleich zu reparaturprofizienten Wildtypzellen nachgewiesen werden. Die Aktivität des verbliebenen Allels ist für die Funktion ausreichend.

Allerdings gibt es im Brustgewebe auch teilungsaktive Zellen, die während der Schwangerschaft die Zellvermehrung im Drüsengewebe bedingen. Die Untersuchung der Reparaturkapazität wachsender BRCA1-heterozygoter Zellen konnte keine Beeinträchtigung des Reparaturvermögens feststellen. Auch in wachsenden Zellen scheint die Aktivität der vorhandenen BRCA1-Kopie zur Ausübung der Funktion auszureichen. Dagegen zeigen einige der untersuchten BRCA2-heterozygoten Zellen eine Verminderung der Reparaturkapazität. Allerdings war eine abschließende Beurteilung einer Erhöhung des Risikos von Trägerinnen heterozygoter BRCA2-Mutationen aufgrund der geringen Anzahl von Stichproben nicht möglich.

BRCA2 ist an einem Reparaturweg, der ausschließlich in der späten S- und G2-Phase wachsender Zellen zur Verfügung steht, beteiligt. So zeigen homozygote BRCA2-Mutanten, die zwei funktionsuntüchtige BRCA2-Kopien tragen, eine Einschränkung der DSB-Reparatur in der G2-Phase des Zellzyklus (siehe Abbildung). Die weitere Charakterisierung der BRCA2-spezifischen Reparatur konnte einen sehr interessanten Zusammenhang mit den reparaturrelevanten Proteinen ATM (Ataxia telangiectasia mutated) und Artemis aufdecken.

Der Verlust von Erbinformation in diesen Proteinen wird mit dem Auftreten von Krankheiten, die durch eine erhöhte Sensitivität gegenüber ionisierender Strahlung gekennzeichnet sind, assoziiert. In teilungsinaktiven Zellen konnte ATM und Artemis eine gemeinsame Rolle bei der langsamen Reparatur von DSBs mit möglicherweise besonders komplizierter Bruchstruktur zugeordnet werden. Auf zellulärer Ebene ist ein identischer Reparaturdefekt nachweisbar, der in der G2-Phase große Ähnlichkeiten zu BRCA2-defizienten Zellen aufweist. Weitere und unabhängige Ansätze konnten den funktionalen Zusammenhang von BRCA2, ATM und Artemis bestätigen. Die Tatsache, dass ATM und Artemis in der G2-Phase wachsender Zellen an der BRCA2-spezifischen Reparatur beteiligt sind, deutet darauf hin, dass dieser Reparaturweg ebenfalls für die Reparatur von komplizierten Brüchen zuständig ist.

Dieses Ergebnis stellt einen ersten Schritt bei der Untersuchung des BRCA2-abhängigen Reparaturweges dar und lässt Vermutungen über die Beschaffenheit der strahleninduzierten DSBs zu, die über diesen speziellen Reparaturweg repariert werden müssen. Dies trägt zum Verständnis der Funktion von BRCA2 bei der Reparatur von DSBs in der G2-Phase wachsender Zellen bei. Dies ermöglicht auch eine Abschätzung, inwieweit durch eine Mammographie das Risiko einer Krebserkrankung für Trägerinnen heterozygoter BRCA2-Mutationen erhöht wird.

Die Wilhelm Sander-Stiftung förderte dieses Forschungsprojekt mit insgesamt über 240.000 Euro.

Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Kontakt:
Prof. Dr. rer. nat. Markus Löbrich;
Technische Universität Darmstadt;
Tel. 06151-167460

Media Contact

Bernhard Knappe idw

Weitere Informationen:

http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

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