Bluttest ermöglicht das Ablesen der inneren Uhr

Aus einer Blutprobe (1) werden Zellen isoliert (2) und darin die Aktivität von zwölf speziellen Zeitgenen bestimmt (3). Ein Computeralgorithmus berechnet daraus den Stand der inneren Uhr (4). Copyright: Kramer/Charité

Die Funktionen des menschlichen Körpers unterliegen tageszeitlichen Schwankungen. So zeigen zum Beispiel Medikamente in Abhängigkeit von der inneren Uhr unterschiedlich starke Wirkung – je nachdem, zu welcher Uhrzeit sie eingenommen werden. Diese Reaktion ist von Mensch zu Mensch verschieden, abhängig davon ob seine innere Uhr zum Spättyp oder zum Frühtyp neigt, also ob die Person eher eine Eule oder eine Lerche ist.

Ziel des internationalen Teams unter Leitung von Prof. Dr. Achim Kramer vom Institut für Medizinische Immunologie der Charité war die Identifizierung von Biomarkern im Blut, die für die individuelle, Innenzeit charakteristisch sind. Zunächst wurde bei mehreren Probanden über den gesamten Tag die Aktivität aller 20.000 Gene einer bestimmten Gruppe von Blutzellen bestimmt.

Mit speziellen Computeralgorithmen ließen sich aus diesen Datensätzen zwölf Gene isolieren, die verlässlich die Innenzeit anzeigen. Die Biomarker einer einzigen Blutprobe können auch dann noch einen Spättyp von einem Frühtyp unterscheiden, wenn die betreffende Person entgegen ihrem biologischen Rhythmus früh am Morgen von einem Wecker geweckt wird.

Prof. Kramer ist überzeugt, dass die Chronotherapie der konventionellen Therapie oft überlegen ist: „Eine solche Therapie unter Berücksichtigung der Tageszeit wurde bislang wegen einer fehlenden Diagnostik der Innenzeit selten angewandt. Wir denken, dass dieser erste objektive Test der Innenzeit dazu beitragen wird, dass die Tageszeit bei Therapie und Diagnose viel mehr an Bedeutung gewinnen wird.“

In klinischen Folgestudien wollen die Wissenschaftler nun die Wirksamkeit einer personalisierten Chronotherapie nachweisen. Hierzu wird die Therapie auf die individuelle Innenzeit der Patientinnen und Patienten abgestimmt. Kennt man das Zeitfenster, in dem ein Wirkstoff besonders effektiv ist, kann man die Wirkung der Behandlung so optimieren und gleichzeitig das Risiko von Nebenwirkungen verringern.

Publikation:
*Nicole Wittenbrink et al.: High-accuracy determination of internal circadian time from a single blood sample. The Journal of Clinical Investigation 2018. DOI: 10.1172/JCI120874.

Kontakt:
Prof. Dr. Achim Kramer
Institut für Medizinische Immunologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 450 524 092
E-Mail: achim.kramer@charite.de

Links:
– Institut für Medizinische Immunologie, Arbeitsbereich Chronobiologie
https://immunologie.charite.de/forschung/chronobiologie/
– Originalpublikation
https://www.jci.org/articles/view/120874

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Manuela Zingl idw - Informationsdienst Wissenschaft

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