Biosensoren aus Graphen einfach ausdrucken

Endlosfolie mit gedruckten Biosensoren: Fraunhofer hat ein günstiges Rolle-zu-Rolle-Verfahren entwickelt. Fraunhofer IBMT

Zellbasierte Biosensoren messen Veränderungen in Zellkulturen über elektrische Signale. Das geschieht mittels Elektroden, die innerhalb der Petrischale oder den Näpfchen einer sogenannten Wellplatte angebracht sind. Zerstören beispielsweise hinzugegebene Viren eine durchgängige Zellschicht auf den Elektroden, verringert sich der zwischen den Elektroden gemessene elektrische Widerstand.

Auf diese Weise lässt sich z. B. die Wirkung von Impfstoffen oder Medikamenten testen: Je effektiver der Wirkstoff ist, desto weniger Zellen werden von den Viren zerstört und desto geringer ist die gemessene Widerstandsänderung.

Auch Toxizitätstests, z. B. an Kosmetikprodukten, können nach dem gleichen Prinzip ablaufen und in Zukunft möglicherweise Tierversuche ersetzen. Ein weiterer Vorteil: Verknüpft man Biosensoren mit einer Auswerteeinheit, können Messungen kontinuierlich und automatisiert ablaufen.

Leitfähig, biokompatibel, druckbar

Doch die Herstellung der beschriebenen Biosensoren ist teuer und aufwändig: Die Elektroden bestehen aus einem bioverträglichen und elektrisch leitfähigen Material wie beispielsweise Gold oder Platin. Für die Mikroelektrodenherstellung ist ein komplizierter lithografischer Prozess notwendig. Die Folge: Die Labore kaufen diese Biosensoren wegen der hohen Kosten oftmals erst gar nicht ein, die Untersuchung der Zellkulturen erfolgt weiter händisch unter dem Mikroskop.

Alternativ zu Edelmetallen kann mittlerweile aber Graphen als Werkstoff für die Elektroden verwendet werden. Die Vorteile des aus Kohlenstoffen bestehenden Materials: Es ist elektrisch leitfähig, biokompatibel und lässt sich, sofern es in Form einer Tinte vorliegt, auf Oberflächen drucken.

Eine solche Graphen-Tinte haben sich Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Biomedizinische Technik IBMT aus St. Ingbert im Saarland zu Nutze gemacht. Gemeinsam mit Industriepartnern haben sie in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF geförderten M-era.Net-Projekt BIOGRAPHY einen Druckprozess entwickelt, der es ermöglicht, Biosensoren aus Graphen in großer Stückzahl im kostengünstigen Rolle-zu-Rolle-Verfahren herzustellen.

»Unser Anlagen-Prototyp kann ca. 400 Biosensoren pro Minute auf eine Endlosfolie drucken«, beschreibt Dr. Thomas Velten, Abteilungsleiter Biomedizinische Mikrosysteme am IBMT und Projektleiter BIOGRAPHY, das Ergebnis der Entwicklungsarbeiten. Während Druckanlage und Graphen-Tinte von Partnern stammen, haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am IBMT um die Gestaltung des Druckprozesses gekümmert.

»Insbesondere ist es entscheidend, Parameter wie Tintenviskosität, Druckgeschwindigkeit, Rakelanpressdruck – ein Rakel streift überschüssige Tinte ab – und Näpfchentiefe des Druckzylinders so aufeinander abzustimmen, dass die gedruckten Strukturen den Sollmaßen entsprechen«, erklärt Velten. Ein interdisziplinäres Team aus Biologen und Technikern des IBMT entwickelte zudem eine Proteintinte, die nach dem Graphen direkt auf die Elektroden gedruckt wird. Velten:

»Erst durch die Proteine haften die Zellen ausreichend gut auf der Elektrodenfolie.« Ein komplizierter Vorgang: Die Oberflächenenergien von Folie und Tinte sind so aufeinander abzustimmen, dass der Transfer der Tinte vom Druckzylinder zur Folie optimal erfolgt. Besonders kritisch ist das Trocknen der gedruckten Strukturen, da die Proteine weder Lösemittel noch hohe Temperaturen vertragen. Nur der richtige Mix aus Tinteninhaltsstoffen und Trocknungsmethode gewährleistet, dass die Tinte ausreichend schnell trocknet.

Nach dem erfolgreichen Bau des Prototyps stehen jetzt die Praxistests der gedruckten Biosensoren an. Projektleiter Velten: »Wir gehen davon aus, der Industrie spätestens in einem Jahr eine universelle Technologieplattform anbieten zu können.«

https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2018/Maerz/biosensoren-a…

Media Contact

Dipl.-Phys. Annette Maurer Fraunhofer Forschung Kompakt

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer