Doch Arten können sich auch anders bilden: Bei Orchideen genügen bereits kleine biochemische Veränderungen, um neue Arten in unmittelbarer Nähe zu einander entstehen zu lassen. Dies weist eine schweizerisch-amerikanische Forschungsgruppe unter der Leitung des Evolutionsbiologen Philipp Schlüter von der Universität Zürich erstmals nach.
Betrogene Sandbienen-Männchen. Spinnenragwurz-Orchideen locken ausschliesslich solitär lebende Sandbienen an. Im Irrglauben eine Sexualpartnerin gefunden zu haben, versuchen sich die Sandbienen-Männchen mit der Blüte zu paaren und bestäuben diese. Florian Schiestl
Pflanzenarten teilen sich einen Gen-Pool. Dabei kann es zu Genfluss kommen – dem Austausch von genetischem Material zwischen verschiedenen Populationen einer Art. Genfluss zwischen den Populationen kann aber durch reproduktive Barrieren verhindert werden. Solche Barrieren sind für die Bildung neuer Arten und die biologische Diversität zentral. Um Artbildungsprozesse zu verstehen, versuchen Evolutionsbiologen die molekularen Mechanismen zu ergründen, die reproduktiven Barrieren zugrunde liegen. Insbesondere versuchen sie so genannte Barriere-Gene zu finden, also jene Gene, die solche Barrieren kontrollieren.
Winzigste Unterschiede
Für ihre eben im Wissenschaftsmagazin PNAS publizierte Studie untersuchte eine Forschungsgruppe unter der Leitung des Evolutionsbiologen Philipp Schlüter von der Universität Zürich zwei Orchideenarten der Gattung Ophrys, nämlich O. sphegodes (Spinnenragwurz) und O. exaltata (Adriatische Ragwurz). Beide Arten imitieren die hochspezifischen weiblichen Sexuallockstoffe der sie bestäubenden Bienenart und locken so männliche Bienen an. Im Irrglauben eine Geschlechtspartnerin gefunden zu haben, versuchen die Bienenmännchen [pms1] sich mit der Blüte zu paaren und bestäuben diese dabei. Die beiden untersuchten Ragwurzarten ziehen verschiedene Bienenarten an.
Wie die Wissenschaftler jetzt nachweisen können, ist eine kleine biochemische Veränderung im Sexuallockstoff der beiden Ragwurzarten dafür verantwortlich. «Dank der unterschiedlichen Bestäuberinsekten wird der Genfluss zwischen den Orchideenarten verhindert und so die Artgrenze aufrechterhalten», erläutert Philipp Schlüter vom Institut für Systematische Botanik der Universität Zürich die Bedeutung des unterschiedlichen Sexuallockstoffs. So unterscheiden sich die von O. sphegodes und O. exaltata imitierten Sexuallockstoffe in der Position der Doppelbindung bestimmter chemischer Substanzen (Alkene). Schlüter und Kollegen identifizieren ein Gen, dessen Genprodukt, das Protein SAD2, Doppelbindungen in die chemischen Vorstufen der Alkene einfügt. Die Forscher können zeigen, dass Ophrys sphegodes grössere Mengen an SAD2 besitzt und somit vermehrt 9-Alkene und 12-Alkene produziert als O. exaltata. Diese Alkene locken den Bestäuber der Spinnenragwurz an, nicht jedoch jenen von O. exaltata. Da das Gen SAD2 direkt mit dem Bestäuberunterschied und der damit verbundenen reproduktiven Barriere zusammenhängt, fungiert es als Barriere-Gen mit einem grossen Effekt auf das Anlocken der Bestäuberinsekten.
Schnelle Entstehung neuer Orchideenarten
Die Erkenntnis, dass die reproduktive Barriere hier nur durch wenige Gene bedingt wird, legt nahe, dass es nur einiger weniger Mutationen bedarf, um neue Bestäuber anzulocken. Die Wissenschaftler erwarten daher, dass neue Orchideenarten in verhältnismässig kurzer Zeit entstehen können.
Literatur:
Philipp M. Schlüter, Shuqing Xu, Valeria Gagliardini, Edward Whittle, John Shanklin, Ueli Grossniklaus, Florian P. Schiestl, Stearoyl-acyl carrier protein desaturases are associated with floral isolation in sexually deceptive orchids, PNAS, 21. März 2011, doi 10.1073/pnas.1013313108.
Kontakt:
Dr. Philipp Schlüter
Beat Müller | Universität Zürich
Weitere Informationen:
http://www.mediadesk.uzh.ch
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