Chemiker und Informatiker kämpfen gemeinsam gegen Krebs

Camptothecin ist ein Chemotherapeutikum, das früher in der Krebstherapie angewandt wurde. Es schaltet die veränderten Zellen aus, indem es ihre DNA zerstört. Allerdings sind seine chemischen Eigenschaften für ein Medikament nicht besonders günstig: In Wasser oder Körperflüssigkeit zersetzt sich das Camptothecin-Molekül, indem kleine Stücke abbrechen. So gelangt es nicht vollständig an den Krebsherd. Der Zerfall vermindert also die Wirksamkeit des Mittels. Camptothecin wurde vom Markt genommen.

Weil man sich trotzdem viel von Camptothecin als zukünftigen Krebstherapeutikum verspricht, versuchten jetzt die Wissenschaftler der Saar-Uni das Camptothecin-Molekül zu stabilisieren. Die Idee bestand darin, Camptothecin mit einem Kohlenhydrat-Molekül (Cyclodextrin) zu verbinden. Das Kohlenhydratmolekül sollte sich wie eine Schutzhülle um das Camptothecin legen, so dass keine Teile mehr abbrechen können.

Zunächst baute dafür der Bioinformatiker Andreas Steffen, Mitarbeiter des Arbeitskreises von Prof. Dr. Thomas Lengauer vom Max-Planck-Institut, das Camptothecin-Molekül und seine synthetischen Rezeptoren in einer Computersimulation nach. Um das Camptothecin-Molekül zu stabilisieren, setzte er es in der Computersimulation in das Cyclodextrin-Molekül. In der Computersimulation legte sich das Cyclodextrin tatsächlich wie eine schützende Hülle um das Camptothecin-Molekül.

Nun überprüften die Wissenschaftler, ob das, was am PC funktionierte, auch der Praxis standhalten würde: Mitarbeiter des Arbeitskreises Organische Makromolekulare Chemie von Prof. Dr. Gerhard Wenz synthetisierten verschiedene Derivate des Cyclodextrins im Labor und untersuchten deren Wirkung. Und tatsächlich: Camptothecin verband sich wie in der Computersimulation problemlos mit dem Wirtmolekül Cyclodextrin. Jetzt könnte es schneller und direkter zu den Zellen gelangen ohne dabei gesunde Zellen zu zerstören – eine Nebenwirkung, die im allgemeinen bei der Chemo-Krebstherapie ein gravierendes Problem darstellt.

Allerdings fehlen für diese Annahme noch Tests an lebenden Zellen. Bis zu einem auf Camptothecin fußenden, neuen Medikament ist es noch ein weiter Weg. Die Wissenschaftler werten ihren Erfolg daher als einen wichtigen Schritt für die Grundlagenforschung: „Das Ergebnis kann dazu dienen, aus dem alten, schlechten Wirkstoff ein gutes Chemotherapeutikum zu machen“, so Chemieprofessor Wenz.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:
Prof. Dr. Gerhard Wenz
Tel. 0681/302-3449
E-Mail: g.wenz@mx.uni-saarland.de

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